Zerstörungswut nimmt hier in München kein Ende: Es wurde gerade erst alles repariert
Oberhalb rauschen die Autos hinweg, unten queren Anwohner mit ihren Einkaufstaschen, Radfahrer und Hotelgäste mit ihren kleinen Rollkoffern die Unterführung Tegernseer Landstraße/Otkerstraße. Auch an diesem Vormittag ist sie stark frequentiert – schließlich erspart sie einem die Umgehung von acht Autospuren.
Dass der Durchgang nicht nur zum Hindurchgehen genutzt wird, zeigen die zahlreichen Sprüharbeiten. Rote und pinke Schriftzüge ziehen sich großflächig über die blaue Wandvertäfelung. Rechtlich gilt das bereits als Sachbeschädigung, für manche sind es kreative Akzente im Stadtbild.
In Giesinger Unterführung werden Wandplatten eingetreten – Anwohner berichtet noch mehr
Ganz anders sieht die Sache aus, wenn es nicht nur um Farbe geht: Mehrere Wandplatten wurden eingeschlagen oder -getreten. Der Blick fällt frei auf die dahinterliegende Betonwand, und auf dem Boden liegen verstreut ein paar Scherben. Ein Anwohner meldete sich bei der AZ, als er den Schaden bemerkte. Täglich sei eine Platte mehr eingetreten worden. Die anfängliche Vermutung: Ein Adventskalender der Zerstörung – doch bei "Türchen Nummer 6" stoppte der Vandalismus, erst einmal zumindest.

Aus der direkten Nachbarschaft berichtet ein weiterer Anwohner. Herman Dürmeier (79) wohnt seit 1970 in der Umgebung und nutzt die Unterführung oft – nur nicht so gerne, wenn es spät wird. Da er direkt am Durchgang wohnt, hört er regelmäßig, wenn von unten Lärm hoch drängt.
Es werde dort Fußball gespielt und rumgehauen, erzählt er. "Im Monat passiert das etwa zwei, drei, vier Mal", sagt der 79-Jährige. Auf die Frage, was er dann tue, antwortet er: "Ich mache mein Fenster zu und dann höre ich nichts mehr, weil ich Lärmschutzfenster habe." Die Polizei hat er deswegen noch nicht gerufen, sagt er. Und auch so habe er an der Unterführung noch keine Beamten gesehen.
Anwohner sagt: "Das ist natürlich alles mutwillig"
Abgesehen vom Lärm bemerkt Dürmeier immer wieder Müll, der sich im Durchgang ansammelt. "Alle paar Tage machen die das weg", sagt Dürmeier, "aber schlimm ist halt die Beschädigung." Er sagt: "Das ist natürlich alles mutwillig."
Bitter findet den Vandalismus auch die Bezirksausschuss-Chefin von Obergiesing-Fasangarten, Carmen Dullinger-Oßwald (Grüne). Es werde viel gesprüht, weshalb man sich entschieden habe, abwaschbare Platten zu verbauen. Mit den Sprühereien könne man also noch umgehen, "aber wenn Sachen wirklich kaputt gemacht werden, dann ist das sehr schlimm", sagt sie.
Anfrage bei der Polizei
Die Unterführung liegt genau zwischen den Bezirken Obergiesing-Fasangarten und Untergiesing-Harlaching. Anais Schuster-Brandis (Grüne), die andere BA-Vorsitzende, ergänzt: "Es ist schon so, dass man da immer wieder schauen muss und dass da immer wieder was kaputt ist."
Wer für die aktuellen Beschädigungen verantwortlich ist, ist bisher nicht geklärt. Auf Anfrage der AZ schreibt die Polizei, dass dazu noch keine Informationen vorlägen. Die zuständige Dienststelle würde sich die Örtlichkeit ansehen und gegebenenfalls eine Straftat polizeilich aufnehmen. Die kaputten Platten lassen sich jedenfalls nicht abwaschen, wie die Graffitis. Sie müssen ersetzt werden.

Kurz nach der Reparatur: Die Zerstörung geht weiter
Genau das ist in den Tagen um den ersten Bericht der Abendzeitung auch geschehen: Die zerstörten Platten in der Unterführung nach Obergiesing wurden allesamt ersetzt. Nur scheint das der Zerstörungswut kein Ende bereitet zu haben. Ganz im Gegenteil: Ob jetzt ein neuer Wettbewerb ausgelöst wurde? Kaum waren die Fliesen auf der einen Seite der Unterführung wieder repariert, wurden die ersten auf der anderen Seite zerstört. Bereits am Freitagabend waren es vier weitere Felder.

