Ist er zu blöd zum Tütenpacken?

Eigentlich wollte Schüler Simeon S. (17) nur ein wenig Geld verdienen, als Einpacker im Supermarkt. Doch die Service-Agentur sagte ihm ab. Grund: Er strebt "nur" die Mittlere Reife an.
MÜNCHEN Simeon S. war gut vorbereitet. Sein „schickes Hemd“ trug er beim Vorstellungsgespräch, das Äußere passte. Der Lebenslauf? Gute Noten und Praktika bei „Radio Gong“ und in einem Münchner Altenheim konnte er vorweisen. Das sollte als Qualifikation genügen, schließlich wollte er ja keinen Job im BMW-Vorstand, sondern einfach nur als Einpack-Hilfe im Supermarkt etwas Geld dazuverdienen.
Doch Simeon irrte. „Die Enttäuschung ist riesig“, sagt der 17-jährige nun. Er hat den Job nicht bekommen. Der Grund: Simeon strebt die Mittlere Reife an, büffelt an der Volkshochschule im Aufbaulehrgang M9. Das Ingolstädter Unternehmen Friendly Service, das rund 200 Einpack-Hilfen in 20 Supermärkten vermittelt, will jedoch „ausschließlich mit Schülern (ab 16 Jahren, Gymnasium) oder Studenten“ zusammenarbeiten. So steht es in der Antwort-Email, die Simeon auf seine Bewerbung bekam und die der AZ vorliegt. Dennoch ging Simeon zum Bewerbungsgespräch. Dort hätte man aber „seltsam geschaut“, als er seine Schule angab. Die Absage war eine Enttäuschung, aber keine Überraschung.
Nun quält Simeon die Frage: Reicht mein Mittlerer Schulabschluss nicht einmal, um Einkaufstüten zu packen?
Martin Lettenmeier, Geschäftsführer von Friendly Service, streitet dies ab. Er vermittle nicht allein an Abiturienten und Studenten. Doch er sagt auch: „Wir müssen den höchsten Service bereit stellen können.“ Laut Lettenmeier zeige die Erfahrung, dass Abiturienten „zuverlässiger und auch kommunikationsstärker sind“. Simeon hält dies für pauschale Vorurteile: „Nur wegen meiner Schulart durfte ich nicht für einen Tag zur Probe arbeiten.“
Ilona Mirtschin von der Münchner Arbeitsagentur sagt: „Je schwieriger der Markt, desto einfacher für Arbeitgeber, sich die Besten herauszupicken.“ Ein Trend, der weit reicht. Immerhin weiß Simeon nun: „Es wird ganz schwer, was zu finden.“ rke