"Irreführung statt Transparenz": Die wahren Kosten der Münchner Olympia-Bewerbung

Eine Olympia-Bewerbung soll "nur" fünf bis acht Millionen kosten, heißt es aus dem Münchner Rathaus. Warum Kritiker überzeugt sind, dass das nicht stimmen kann und welche Kostenpunkte wohl noch dazu kommen. 
von  Christina Hertel
Die European Championships gelten als großer Erfolg, ein Vorbild für Olympische Sommerspiele? Eines zeichnet sich jedenfalls schon jetzt ab: Das Ganze wird nicht günstig.
Die European Championships gelten als großer Erfolg, ein Vorbild für Olympische Sommerspiele? Eines zeichnet sich jedenfalls schon jetzt ab: Das Ganze wird nicht günstig. © imago

Eine deutsche Olympia-Bewerbung soll viel günstiger werden. Über 80 Prozent der Kosten sollen im Vergleich zu früheren Bewerbungen eingespart werden. Es sollen nur noch fünf bis acht Millionen sein, statt 30 bis 40 Millionen. Dieses Versprechen hat der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) gemacht. Auch die Stadt München wirbt mit den gesunkenen Kosten. Doch stimmt das wirklich?

Der "Spiegel" hat nachgerechnet und kommt zu ganz anderen Zahlen: "Schon jetzt werden deutschlandweit rund 60 Millionen Euro an Steuermitteln verplant", schreibt der "Spiegel". Ursprünglich war eine gesamtdeutsche Bewerbung angedacht. Berlin, Hamburg, das Ruhrgebiet und München arbeiten inzwischen an eigenen Konzepten. Und das ist teuer.

Bürgerentscheid kostet bereits Millionen

Nicht mit eingerechnet (und das kommuniziert die Stadt auch so - etwa auf ihrer Homepage zu Olympia) sind die Kosten des Bürgerentscheids. Dieser kostet rund 6,7 Millionen Euro. Enthalten sind da 1,8 Millionen für die Info-Kampagne der Stadt.

Aber es könnte noch weitere Kosten geben, die die Stadt nicht auflistet. Hamburg zum Beispiel schlüsselt seine Personalkosten für die Olympiabewerbung auf. In diesem und im kommenden Jahr sollen es 3,6 Millionen Euro sein. München hat diese Zahlen zumindest bis jetzt nicht herausgegeben. Außerdem gibt es laut Spiegel noch keine Angaben dazu, welche Kosten bei der Olympiapark GmbH entstehen, einer städtischen Tochtergesellschaft. Der Spiegel rechnet eher mit 17 Millionen für die Münchner Bewerbung - statt mit fünf bis acht.

"Wer so in einen Bürgerentscheid geht, betreibt Irreführung statt Transparenz. Wir fordern, dass endlich alle Kosten offen auf den Tisch kommen, damit die Bürgerinnen und Bürger eine ehrliche Entscheidung treffen können", findet Linken-Chef Stefan Jagel. Er will am Dienstag eine Anfrage zu den wahren Olympiakosten stellen. Darin fragt er unter anderem, welche Kosten die Stadt noch nicht mit eingerechnet hat - zum Beispiel für Sicherheitsauflagen, Berater und Risikopuffer. Jagel will wissen, von welchen Gesamtkosten die Stadt ausgeht - und wer die Verantwortung dafür trägt, wenn sie doch wesentlich höher ausfallen als ursprünglich kommuniziert.

Die AZ hat schon jetzt beim Sportreferat nachgefragt. Und es bleibt dabei: Die genannten Zahlen seien tatsächlich abschließend. "Andeutungen oder Behauptungen, dass hier etwas nicht transparent sei oder versteckt würde, sind falsch", antwortet ein Sprecher.

Im Rathaus arbeitet ein Team an Sportgroßveranstaltungen

Dafür muss man wissen: Im Münchner Rathaus gibt es bereits ein Team, das sich um die Planung und Durchführung von Sportereignissen kümmert. Für München sei dadurch eine "außerordentliche Reihe von Sportgroßereignissen" entstanden, die es "derzeit nirgendwo gibt, weder national noch international". Beispiele sind European Championships, die Fußball-EM, die NFL-Spiele.

Es seien deshalb kaum zusätzliche Personalkosten entstanden. Für die Bewerbung sei nur eine Stelle dazugekommen, diese sei bis Ende 2026 befristet und kostet zirka 106.000 Euro. Vier Mitarbeiter erstellten laut der Stadt das Konzept bis jetzt. Einer widmete Olympia aber nur 50 Prozent seiner Arbeitszeit. In der Phase der Kampagne (Juni bis Oktober) arbeiten daran neun Mitarbeiter - anteilig zu anderen Projekten.

Für Dienstleister (inklusive der Olympiapark GmbH) seien 365.000 Euro ausgegeben worden. Der Freistaat habe die Hälfte davon erstattet. In der Phase bis zum Bürgerentscheid kommen 240.000 Euro für Konzeptvertiefungen dazu. Alles in allem bleibt das Referat dabei: Die Gesamtkosten der Bewerbung liegen 2026 bei 8,1 bis 8,2 Millionen Euro.

Allerdings: Rechnet man die Kosten für die internationale Bewerbung hinzu, die laut DOSB bei zehn Millionen liegen und die von Bund, Land und Stadt und DOSB getragen werden sollen, kommen doch noch mal zirka drei Millionen dazu. Glaubt die Stadt. Denn wie diese Kosten genau aufgeteilt werden, steht noch nicht fest. Bei rund 11,2 Millionen Euro kommt das Referat am Ende heraus.

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