Irak-Deserteur berichtet: „Es war schlichtweg Mord“

André Shepherd (32) ist aus der US-Armee desertiert, weil er die Grauen des Krieges nicht ertrug. Zunächst tauchte er in Bayern unter, jetzt geht er mit seiner Geschichte an die Öffentlichkeit - und sucht Asyl.
von  Abendzeitung
Ist aus der US-Armee desertiert: Andre Shepherd hat jetzt in Bayern Asyl beantragt.
Ist aus der US-Armee desertiert: Andre Shepherd hat jetzt in Bayern Asyl beantragt. © www.connection-ev.de

MÜNCHEN - André Shepherd (32) ist aus der US-Armee desertiert, weil er die Grauen des Krieges nicht ertrug. Zunächst tauchte er in Bayern unter, jetzt geht er mit seiner Geschichte an die Öffentlichkeit - und sucht Asyl.

März 2000, die erste große Börsenblase platzt, Internetfirmen gehen pleite. Hochausgebildete Software-Ingenieure arbeiten plötzlich in Fastfood-Restaurants oder treten der Armee bei. Es ist die Geschichte von vielen jungen Amerikanern, André Shepherd (32) aus Cleveland erzählt sie: „Ich konnte mir nicht mal eine Wohnung leisten“, so Shepherd, „der Job bei der Armee sollte mein Leben wieder in Ordnung bringen“. Heute kämpft er um Asyl und gegen den Irak-Krieg, den er für illegal hält.

Als Helikopter-Mechaniker wird Shepherd 2004 im Irak eingesetzt, bald kommen ihm Zweifel. „Die Stadt Falludscha wurde praktisch ausradiert, nur die Frauen und Kinder durften vor den totalen Bombardements die Stadt verlassen. Das war schlichtweg Mord,“, erzählt Shepherd, „noch heute ist die Stadt verstrahlt von der Munition, die mit Uran angereichert war. Und auch die Gewalttaten gegen Gefangene wurden systematisch durchgeführt“. Die Situation wird für André Shepherd immer unerträglicher.

Unter keinen Umständen will er zurück

Zurück auf seiner Militärbasis im deutschen Katterbach stellt Shepherd Nachforschungen an: „Das war ein Prozess, die Propaganda zu enttarnen“. Er ist davon überzeugt, dass der Krieg illegal ist. Unter keinen Umständen will er zurück. „Ein Sergeant hat mir empfohlen, mich als homosexuell zu outen oder bei einem Drogentest durchzufallen, doch das kam für mich nicht in Frage“. Er trifft eine folgenschwere Entscheidung: 2007 desertiert er von seiner Basis.

Zunächst lebt er ohne Pass als Illegaler in Bayern. Aus Angst, seine Familie in Cleveland in Schwierigkeiten zu bringen, traut er sich nicht mal, mit ihnen zu telefonieren. „Ich habe mich erst vor einem Jahr um Asyl beworben, mir war bewusst, dass das die deutsch-amerikanischen Beziehungen beeinträchtigen könnte, aber ich will wieder ein normales Leben als legale Person führen können.“ Scheitert sein Asylantrag, zieht Shepherd vor Gericht.

Dann müsste genau erörtert werden, inwieweit der Irak-Krieg rechtens ist. Der Fall könnte dann zum Politikum werden. Seit Wochen zieht Shepherd mit seiner Geschichte durch Deutschland. „Ich möchte einfach dazu beitragen, dass junge Männer das Militär nicht als einzigen Ausweg ansehen. Es gibt immer einen Möglichkeit – Krieg ist keine.“

Johanna Jauernig

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