Insolvenzverfahren ist eröffnet: Immobilienentwickler Euroboden will sämtliche Projekte in München verkaufen

Das Insolvenzverfahren des Grünwalder Immobilienentwicklers Euroboden ist eröffnet. Er galt als visionär und architektonisch anspruchsvoll, war aber auch umstritten, nicht nur in München. Gläubigern drohen nun massive Verluste.
Eva von Steinburg
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Geplatzt: Euroboden-Pläne in der Giesinger Martin-Luther-Straße 50 noble Wohnungen zu bauen – mit wilder Keramikfassade.
Geplatzt: Euroboden-Pläne in der Giesinger Martin-Luther-Straße 50 noble Wohnungen zu bauen – mit wilder Keramikfassade. © Sauerbruch Hutton

München - Der Immobilienentwickler Euroboden von Stefan Höglmaier stand für viele in der Branche als Macher für anspruchsvolle Objekte. Am 11. August musste die Gesellschaft aus Grünwald jedoch Insolvenz anmelden – wegen drohender Zahlungsunfähigkeit. Zu diesem Zeitpunkt hatte der ehrgeizige Bauträger 47 Beschäftigte und mehr als 20 laufende Projekte: in München, am Starnberger See, Berlin, Düsseldorf und Frankfurt am Main.

Das Amtsgericht München hat am Montag das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Euroboden GmbH eröffnet. Das bedeutet, dass Gläubiger und Anleger ihre Forderungen bis zum 15. Januar 2024 schriftlich vorlegen können.

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Immobilienentwickler aus München: Euroboden-Anleihen sind massiv im Wert gefallen

Ferner werden die beiden Euroboden-Anleihen an der Frankfurter Börse bis 13. Dezember vom Markt genommen. Ein Komitee wurde als Interessenvertretung für weit mehr als 100 Groß- und Kleingläubiger gegründet. Die Anleihen sind massiv gefallen. Investitionen in Immobilien wurden in den vergangenen Jahren von Finanzberatern generell als sicher beworben – zur Wahrheit gehört, dass sie mit einigen Risiken verbunden sind – bis hin zum Totalverlust.

"Um die bestmögliche Verwertung der Immobilien im Interesse der jeweiligen Gläubigergruppen zu gewährleisten", so Euroboden-Insolvenzverwalter Oliver Schartl, plane die Euroboden-Konzerngruppe sämtliche Immobilienprojekte zu verkaufen. "Wir beabsichtigen, den Geschäftsbetrieb mit einem motivierten Kernteam zunächst bis Ende 2024 aufrechtzuerhalten", teilt Rechtsanwalt und Sanierungsexperte Oliver Schartl mit.

Stefan Höglmaier gründete Euroboden mit 24 Jahren.
Stefan Höglmaier gründete Euroboden mit 24 Jahren. © Euroboden

Euroboden hatte sich auf hochwertige, aber auch teure Architekturprojekte spezialisiert. Nicht alle waren unumstritten. Die Investoren engagierten namhafte Architekten und hatten ein Auge für unsanierte Objekte: ein Arbeiterwohnheim im Glockenbachviertel, eine Medizinfabrik in Neuhausen.

Euroboden sanierte Münchens ältesten Bauernhof: Doch günstige Mietwohnungen gab es keine im Derzbachhof

Spektakulär sanierte Euroboden denkmalgeschützte Gemäuer: Münchens ältesten Bauernhof, den Derzbachhof (erbaut 1751) rettete Euroboden erfolgreich vor dem Verfall. Die dazu gebauten Familienwohnungen konnte Euroboden für einen hohen Preis verkaufen: Zwischen 800.000 und zwei Millionen Euro kostete eine Wohneinheit mit Gartenanteil in Forstenried.

Kleinod in Fürstenried. Der gerettete Derzbachhof.
Kleinod in Fürstenried. Der gerettete Derzbachhof. © Euroboden

Ursprünglich hatte Euroboden auch versprochen, dort vergünstigte Mietwohnungen anzubieten. Das sei aber nicht umzusetzen gewesen, hieß es später vom Entwickler. Manchen im Viertel stieß das sauer auf.

Corona und der Ukraine-Krieg haben den Immobilienmarkt dramatisch verändert. Das Unternehmen Euroboden ist aufgrund von gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten, der Anstieg der Bauzinsen – und sehr wichtig – dem Einbruch bei der Nachfrage nach Immobilien – in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten.

Schon vor der Insolvenz: Rückzieher von Euroboden beim 9,99-Haus in München

Bereits vor der Insolvenz machte Euroboden 2022 einen Rückzieher bei den Plänen für das gelobte sogenannte 9,99-Euro-Haus im Münchner Kreativquartier – ein innovativer Holz-Neubau mit 42 sehr günstigen Wohnungen. Von Euroboden damals geplante Kaltmiete: 9,99 Euro. Wegen gestiegener Baukosten und Zinsen zog sich die Firma aber zurück. Die Stadt bedauerte die Rückgabe des städtischen Grunds in der Heßstraße ausdrücklich.

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In der Ungererstraße 158 hatte Stefan Höglmaier einen Hochbunker aus der NS-Zeit zum eigenen Wohnhaus umgebaut – mit Edel-Bädern und großer Dachterrasse. Den Bunker hat er inzwischen für 12,5 Millionen verkauft. Kurz vor der Insolvenz war der "Notverkauf" von Immobilien gescheitert. In Berg am Starnberger See gibt es eine Großbaustelle. Euroboden wollte hier 24 Galeriehäuser bauen. 30 Baufirmen, Planer und Lieferanten hoffen dort auf ihr Geld.

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  • Sarah-Muc am 03.11.2023 13:31 Uhr / Bewertung:

    Ich rede doch nicht von grün-rot - das unterstellen Sie mir. Ich red davon, wie es im Leben so ausschaut. Ich habe einige Jahre mit solchen Immo-Firmen zusammen gearbeitet. Mehr will und werde ich nicht dazu schreiben. Die OWM hier im Forum sind doch echt das Grösste!

  • Alois Dimpfelmoser am 02.11.2023 17:35 Uhr / Bewertung:

    Diese Geschichte ist durchaus klassisch.

  • Radl Rainer am 02.11.2023 15:38 Uhr / Bewertung:

    Man fragt sich schon, wie nicht sofort zur Zinswende versucht wurde, schleunigst Objekte loszuschlagen um Liquidität zu sichern. Dies kurz vor der Insolvenz zu versuchen, zeugt von wenig finanziellem Verständnis. Hohe Zinsen bedeuten, dass Kapitalkosten steigen und die Nachfrage einbrechen wird. Wer zuletzt verkauft, verkauft nicht mehr sondern wird abgewickelt. Auch Benko scheint nicht rechtzeitig die düstere Lage erkannt zu haben.

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