In München sperrt die Hypovereinsbank Gratis-Konten: Tausende Kunden betroffen
München - Die böse Überraschung kam am 15. Dezember. An jenem Freitag wollte der Münchner Georg M. (Name geändert) online eine Handwerkerrechnung begleichen.
Der 60-Jährige tippte über die Homepage der HVB seine Zugangsdaten bei der Hypovereinsbank ein, alles schien wie immer. Schon seit Jahrzehnten hat Georg M. dieses Girokonto. "Ich habe es, seit ich Schüler oder Student bin, seit etwa 45 Jahren."
Schock für Hypovereinsbank-Kunden aus München: Plötzlich war das Konto gesperrt
Doch am 15. Dezember ist nichts mehr wie immer. Als der Dozent, der in ganz Deutschland Fachvorträge hält, die Überweisung veranlassen will, erscheint ein Hinweis auf seinem Bildschirm: "Operation vorübergehend nicht verfügbar. (Fehler RC_0001). Bitte versuche Sie es später noch einmal."

Später erscheint noch ein rot unterlegter Warnhinweis: "Leider können wir für Ihr Konto keine Aufträge annehmen. Ihre Filiale wird Sie gerne über die Ursache informieren." Der Münchner fällt aus allen Wolken. "Das kam für mich völlig überraschend."
Wegen fehlender Einwilligung wurde das Konto gekündigt
Nach mehreren Anrufen bei der Beschwerdestelle der HVB, Mails und Gesprächen in seiner Filiale erfährt er schließlich: Sein Konto wurde von der HVB gesperrt und gekündigt – und zwar schon am 15. November. Der Grund: Georg M. hatte nicht eingewilligt, dass sein Girokonto umgestellt wird auf ein Kontomodell, für das Kontoführungsgebühren erhoben werden.
Die Bank hatte ihn im Juni per Post angeschrieben. In dem Brief wurde M. darüber informiert, dass er einem anderen Kontomodell zustimmen müsse – andernfalls werde ihm sein Konto zum 15. November gekündigt. Doch das Schreiben hatte Georg M. nicht gelesen. Laut HVB folgten noch zwei weitere Mitteilungen. Georg M. rechnete trotzdem nicht mit dieser drastischen Folge.

"Für mich geht das Richtung Erpressung": Hypo-Kunde sauer über Kontosperrung
"Das ist schon ein sehr rustikaler Umgang mit jahrzehntelangen Kunden", ärgert sich der 60-Jährige. "Für mich geht das in Richtung Erpressung." Und erwartet hätte er wenigstens, "dass ich beim Öffnen der Homepage darüber informiert werde, dass ich ab 15. November kein Konto mehr habe", sagt Georg M.
Aus dem Schriftverkehr, den er seit der Kontosperre mit der Bank hatte, geht hervor, dass die HVB offenbar alle alten Gratis-Konten abgeschafft hat. Ein Mitarbeiter schreibt ihm: "Die HVB hat Ende November jede Altkontomodelle sozusagen abgeschafft."
Hypovereinsbank beschwichtigt: Nur Einzelfälle
Auf AZ-Anfrage teilt die HVB mit, es handele sich um "Einzelfälle". Bei bundesweit rund 1,5 Millionen Privatkunden bewege sich die Zahl der von der Änderung Betroffenen "im Promillebereich" – also wenige Tausend. Die meisten dieser Kunden hätten – so der Sprecher – gewechselt und nun ein aktuelles Kontomodell der Bank.
So wenige scheinen es aber doch nicht zu sein – zumal in Bayern. Und betroffen sind nach AZ-Informationen auch Kunden, die ihr Konto noch nicht seit vielen Jahrzehnten bei der HVB hatten wie Georg M. – sondern "erst" seit etwa zehn Jahren. Auch ihnen wurde mit Kündigung gedroht, wenn sie nicht auf ein "Aktiv-Konto" wechseln.
Verbraucherzentrale: Regelmäßige Beschwerden seit November
Bei der Verbraucherzentrale Bayern beschweren sich seit November regelmäßig Betroffene, bestätigt Sascha Straub, Referatsleiter für Finanzdienstleistungen, Marktbeobachtung und Statistik. "Wir bekommen jede Woche Beschwerden." Der Jurist findet: "Das ist kein guter und fairer Umgang mit Kunden. Erst der Versuch, die Altkunden zu erziehen und dann, wenn sie nicht mitmachen, einfach das Konto sperren – das sind drastische Maßnahmen. Das schafft kein Vertrauen. Damit verärgert man die Leute nur." Eigentlich müsste der Bank ja daran gelegen sein, Kunden zu behalten. "So einen Umgang muss man sich nicht bieten lassen."
Der Jurist stellt aber auch klar: "Ein Anrecht auf ein kostenfreies Girokonto gibt es nicht." Einen Anspruch auf einen transparenten und fairen Umgang in der Geschäftsbeziehung hingegen schon. Sollte die HVB oder eine andere Bank in solchen Fällen dem Kunden nicht explizit kündigen, bevor sie das Konto sperrt, mache sich die Bank im Zweifelsfall sogar schadenersatzpflichtig – wenn der Kunde wegen der Sperrung in Zahlungsschwierigkeiten gerät.
Hypovereinsbank lenkt ein und gibt Bedenkzeit
Georg M. hat nach seinen Beschwerden nun noch mal Bedenkzeit bekommen. Sein Konto wurde diese Woche wieder freigeschaltet. Er kann sich nun bis März in Ruhe noch mal überlegen, ob er bei der HVB bleiben möchte.
Um die 4,90 Euro Kontoführungsgebühr pro Monat geht es ihm gar nicht - so viel müsste er für das günstigste Aktiv-Konto bei der HVB berappen. Ganz um die Kontoführungsgebühr käme er nur herum, wenn er auch Depots bei der HVB hat und laufende Immobilienfinanzierungen. Dann gibt es "100 Prozent Rabatt".
Georg M. ist enttäuscht vom Umgang der HVB, der er 45 Jahre lang die Treue gehalten hat. "Mein Vertrauen hat gelitten. Ich schaue mir jetzt erst mal Online-Banken an."
Verbraucherzentrale rät: Besser handeln statt nicht reagieren
Banken und Sparkassen dürfen nicht stillschweigend Änderungen der allgemeinen Geschäftsbedingungen einführen oder Entgelte erhöhen. Sie brauchen dafür die Zustimmung ihrer Kunden. Sie können entweder zustimmen oder das Konto kündigen und eine günstigere Bank suchen. Weniger ratsam sei es, nicht zu reagieren, so die Verbraucherzentrale Niedersachsen. Haben Sie eine Kündigung erhalten, sollten sie überprüfen, ob Ihre Bank diese einer Wirtschaftsauskunftei gemeldet hat: Holen Sie eine unentgeltliche Selbstauskunft bei den wichtigsten Auskunfteien ein.
Stadtsparkasse München: Kulanterer Umgang – noch
Auch die Münchner Stadtsparkasse (SSKM) drehte heuer an der Preisschraube. Ab 24. Juli wollte sie neue Kontomodelle einführen. Bestandskunden sollten sich bis Oktober entscheiden, ob sie zustimmen. Geplant war ein neuer Grundpreis: zwischen 2,95 und 11,95 Euro. Einzelne Buchungen, Bankkarte, Geldabheben – vieles sollte extra kosten. Nach heftigen Protesten besserte die SSKM ein bisserl nach. Im Vergleich zur HVB, die langjährige Kunden einfach rauswirft, die neuen Kontomodellen nicht zugestimmt haben, hat sich für SSKM-Kunden bislang nichts geändert – noch.
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