In Haft isolierte Aktivisten: Das sagt ihr Anwalt

Bis Sonntag bleiben die Autobahn-Aktivisten eingesperrt. Sie stammen aus Hessen. Die AZ hat mit ihrem Anwalt gesprochen.
von  Nina Job, André Wagner
"BLOCK IAA": Aktivisten bei ihrer Banner-Aktion auf der A96.
"BLOCK IAA": Aktivisten bei ihrer Banner-Aktion auf der A96. © Peter Kneffel/dpa

München - Die Autobahn-Protestaktionen gegen die IAA, die am Dienstag zu Sperrungen, langen Staus und Umleitungen geführten haben, sind auch für die Aktivisten folgenschwer: Mittlerweile zehn von ihnen sitzen hinter Gittern. "Sie sind in Unterbindungsgewahrsam in verschiedenen bayerischen Justizvollzugsanstalten", sagte Rechtsanwalt Jochen Ringler am Donnerstag der AZ.

Er vertritt gleich mehrere der eingesperrten Akteure. "Üblicherweise gibt es dafür Gefangenensammelstellen. Aber die Polizei meinte, das nicht leisten zu können." In Zeiten von Corona bedeute dies: "Sie müssen im Gefängnis in Quarantäne. Das heißt, sie sind isoliert von den anderen und der Außenwelt", so Ringler.

Einige der Akteure haben schon Abseil-Erfahrung

Bei den Aktivisten, von denen einer 70 Jahre alt ist, handelt es sich um Männer und Frauen aus Hessen. "Wir sind verschiedene kleine Gruppen aus dem Raum Gießen, die sich aus dem Dannenröder Forst und von lokalen Verkehrswendeprojekten kennen", sagte Jörg Bergstedt zur AZ. Der 57-Jährige hatte eine der Aktionen für seine Gruppe gefilmt.

Einige der Akteure oder zumindest ihr Umfeld haben offenbar schon Erfahrungen mit dem Abseilen von Autobahnbrücken: Bei Frankfurt protestierten im Herbst 2020 Aktivisten auf diese Weise gegen die Erweiterung der A 49, für die eine Trasse durch den Dannenröder Forst gelegt werden soll. Auch in dem Wald selbst gab es viel aufsehenerregenden Protest: Aktivisten errichteten Barrikaden und verschanzten sich in Baumhäusern. Die Polizei räumte - es wurde der größte und teuerste Einsatz des Jahres in Hessen.

Auch bei den Autobahnabseilaktionen um Frankfurt wanderten Akteure in Gewahrsam - bis zu vier Wochen. Die zehn, die jetzt in Bayern eingesperrt sind, müssen fünf Tage aushalten. Nach dem Ende der IAA sollen sie entlassen werden. Anwalt Ringler hält die Freiheitsentziehungen für "fragwürdig" und will Beschwerde einlegen. Doch entschieden wird darüber erst, wenn die Aktivisten wieder in Freiheit sind.

Der Präventiv- oder Unterbindungsgewahrsam ist im Polizeiaufgabengesetz (PAG) verankert. Die Maßnahme gibt der Polizei das rechtliche Instrument dazu, eine "unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder einer Straftat zu verhindern". Ein längerer Gewahrsam kann nur durch einen Richter angeordnet werden und insgesamt maximal zwei Monate andauern. Im vorherigen - stark kritisierten - PAG konnte er theoretisch endlos andauern.

Einsatzkosten: Bayerns FDP will Aktivisten zur Kasse bitten

Die Abseil-Aktion könnte den Aktivisten jedoch noch teuer zu stehen kommen. So prüft die Polizei laut Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU), inwieweit den Aktivisten Einsatzkosten aufgebrummt werden können. "Jedem einzelnen droht ein Kostenbescheid in Höhe von bis zu 1.500 Euro", so Hermann zur "Bild".

Deutlicher wird in dieser Hinsicht die bayerische Landtags-FDP. "Die Regierung sollte prüfen, ob hier nicht das Verursacherprinzip greifen kann: Wer Polizeieinsätze provoziert, indem er etwa vorsätzlich den Straßenverkehr gefährdet, wird dafür zur Kasse gebeten. Das hätte auf die sogenannten Aktivisten sicher auch eine disziplinierende Wirkung", wird Bayerns FDP-Chef Martin Hagen in der "Bild" zitiert.

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