In die Spendenkasse gegriffen

Über fünf Millionen Euro sollen sie von den Vereinskonten „Kinder in Not“ und „Deutsche Gesellschaft für Tiere und Natur“ veruntreut haben. Ex-Vereins-Chefin Heidrun Sch. und Sohn Carsten sind jetzt angeklagt.
von  Abendzeitung
Heidrun Sch. und Sohn Carsten vor Gericht
Heidrun Sch. und Sohn Carsten vor Gericht © Torsten Huber

MÜNCHEN - Über fünf Millionen Euro sollen sie von den Vereinskonten „Kinder in Not“ und „Deutsche Gesellschaft für Tiere und Natur“ veruntreut haben. Ex-Vereins-Chefin Heidrun Sch. und Sohn Carsten sind jetzt angeklagt.

Rolls-Royce, Bentley, teure Reisen, ein Zweit-Wohnsitz in der Schweiz – um diesen aufwendigen Lebensstil zu finanzieren, griffen Heidrun Sch. (72) und ihr Sohn Carsten (39) in die Spendenkassen der Vereine „Kinder in Not“ und „Deutsche Gesellschaft Tiere und Natur“. Schaden: 5,3 Millionen Euro.

Seit gestern müssen sich Mutter und Sohn wegen gewerbsmäßiger Untreue vor dem Landgericht MünchenI verantworten. Der Verein „Kinder in Not“ mit Sitz in München–Lochhausen wurde 1985 gegründet. Heidrun Sch. war viele Jahre Vereinsvorsitzende. Mit ihren beiden Söhnen Carsten S. und Steffen M.(49), der aus erster Ehe stammt, sowie zwei anderweitig Verfolgten führte sie die Geschäfte. Steffen M. wurde bereits verurteilt: ein Jahr Haft mit Bewährung und 10000 Euro als Auflage.

Sie spannten für die Vereinswerbung ahnungslose Promis ein: Schauspieler Hansi Kraus, Dallas-Star Steve Kanaly und Cornelia Corba. Kraus war geschockt: „Ich werde für den Verein nicht mehr werben.“ Heidrun Sch. leitete auch den Verein „Deutsche Gesellschaft für Tiere und Natur“ mit Sitz in Hamburg. Der Verein stand für „Umwelt-, Natur- und Tierschutz“. Ihr Abzock-Sytem war so geschickt, dass es anderen Mitgliedern nicht auffiel. Erst nach einer Anzeige eines Spenders im Jahr 2004 wurden die Machenschaften aufgedeckt. Von 2002 bis 2004 soll der Millionenschaden entstanden sein. Die Zeit davor ist bereits verjährt.

Über 760 Buchungen sollen von den Vereinskonten illegal durchgeführt worden sein. Verwendungszweck: Pacht, Mobiltoilette, Müllentsorgung. Umbauarbeiten, Abhol- und Bringdienste, Telefon. Sogar die Miete für einen Papageienhof in Eging, auf dem Sohn Steffen lebte, wurde über das Vereinskonto finanziert. 110000 Euro in drei Jahren flossen in den Hof mit 25Papageien. Alles wurde den Vereinen in Rechnung gestellt: Kerzen für 25,80 Euro, Glaskugeln für 138 Euro oder die Bettwäsche für 83,85 Euro.

Für die Werbung hatte Heidrun Sch. zwei Firmen in der Schweiz gegründet: „Atlantis“ mit Sitz in St. Gallen und Ribana“ in Liechtenstein. Rund 45 Prozent der Spenden flossen in die Schweiz. Da die Angeklagten geständig sind, zeigte sich der Vorsitzende Richter Gilbert Wolf milde: Beide bekamen zwei Jahre auf Bewährung. Die Mutter muss zusätzlich 132600 Euro Strafe und Buße zahlen. Ihr Sohn 35200 Euro. Torsten Huber

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