Immersive Art von Klimt und Kahlo in München boomt: Doch ist der Kunst-Hype gerechtfertigt – oder nur teuer?

Richtig eintauchen in ein Kunstwerk, so wie das bisher nicht möglich war: Das verspricht die neue Ausstellung "Klimts Kuss" seit 15. März im Utopia in München. Nach Darbietungen um Vincent Van Gogh und Frida Kahlo gibt es wieder einen Run auf die Tickets. Was steckt hinter diesem neuen Trend – und ist dieser Boom überhaupt gerechtfertigt?
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Aktuell ist die spezielle Klimt-Ausstellung im Utopia in München zu sehen.
Aktuell ist die spezielle Klimt-Ausstellung im Utopia in München zu sehen. © Morris Mac Matzen

München - Beim Blick auf die Ticketpreise dürfte der ein oder andere Interessent mit Sicherheit staunen: 22 Euro – und sogar 25 Euro am Wochenende – kostet der reguläre Eintritt für die "Immersive Art"-Ausstellung "Klimts Kuss" im Utopia in München, die am 15. März angelaufen ist. Direkt nach der am selben Ort veranstalteten Frida-Kahlo-Darbietung. Und immer wieder dieselbe Reaktion nach dem Besuch der immersiven Kunst: "Tolle Installation, aber echt ganz schön teuer", heißt es bei den Besuchern in einer AZ-Umfrage nach der Ausstellung. Zu teuer? "Schon etwas."

Nun ist die Bewertung von Kunst – und auch deren Wert – immer subjektiv. Der einen gibt es was, dem anderen nicht. Was bei immersiven Ausstellungen geboten wird? Das Konzept dahinter ist einfach erklärt: An Wänden, Boden und Decke werden riesige Videoprojektionen gezeigt – für die akustische Untermalung sorgen Klangwelten und Erzählerstimmen, die hier nun etwas über den Gustav Klimt und dessen Werke erzählen.

Eintauchen in die Kunst von Gustav Klimt.
Eintauchen in die Kunst von Gustav Klimt. © Morris Mac Matzen

Viel Neues über den Künstler erfährt man nicht, aber darum geht es am Ende auch nicht. "Immersiv" ist hier das Schlagwort, also das Eintauchen in die Welt der Protagonisten. Der Run auf Ausstellungen wie diese ist gerade riesig – die vorherige zu Frida Kahlo im Utopia hatte sogar die Marke der 100.000 Tickets geknackt. Die Karten waren wochenlang ausverkauft.

Immersive Art: "Eine neue Form der Alltagsflucht"

Für Kim Haußer vom Münchner Trendbüro sind diese neuartigen Ausstellungen "eine neue Form der Alltagsflucht". Dass sie so gut besucht werden, "steht in direkter Verbindung mit der zunehmenden Faszination für die Verschmelzung digitaler und physischer Welten", wie die Trendforscherin auf AZ-Nachfrage analysiert. So werden Barrieren überwunden und "die altbekannte Absperrung vor einem wertvollen Kunstwerk" durchbrochen.

Nepomuk Schessl heißt der Mann, der für die Münchner Multimedia-Kunst im Utopia als Produzent verantwortlich ist. Für ihn ist die "Immersive Art" eine "wunderbare neue Form, Kunst und Kultur einem breiten Publikum zugänglich zu machen". Besucher jeden Alters können "ohne Vorwissen und bestimmte Kenntnisse Kultur genießen". Vorwissen braucht es tatsächlich keines, die Besucher werden an der Hand genommen: Bei "Klimts Kuss" macht das die Erzählerin als Emilie Flöge, die Ex-Geliebte Klimts.

Nepomuk Schessl: Produzent der Ausstellung "Klimts Kuss" im Utopia in München.
Nepomuk Schessl: Produzent der Ausstellung "Klimts Kuss" im Utopia in München. © Alegria Exhibition GmbH

Werden wir künftig also öfter gar nicht mehr die eigentlichen Kunstwerke auf Leinwand im althergebrachten Museum, sondern eine darum herum gestaltete Multimediashow im Eventspace erleben, wenn wir uns Kunst anschauen wollen? Der Trend geht zumindest in diese Richtung, sagt Forscherin Haußer: "Die Digitalisierung nimmt auch in Zukunft Einfluss auf die Kunstwelt. 2024 eröffnet Europas erstes und größtes digitales Museum in der Hamburger Hafencity". Dort sollen Besucher sogar mit Kunstwerken kommunizieren und sie verändern können.

Für Schessl sind die Multimedia-Darbietungen vor allem eine Ergänzung zu herkömmlichen Ausstellungen und "sicherlich eine zukunftsweisende Art der Ausstellungsform".

Das immersive Kunsterlebnis "KLIMTS KUSS – Spiel mit dem Feuer" zeigt eine Multimedia-Show über das Leben und Werk des Jugendstilpioniers Gustav Klimt (1862–1918).
Das immersive Kunsterlebnis "KLIMTS KUSS – Spiel mit dem Feuer" zeigt eine Multimedia-Show über das Leben und Werk des Jugendstilpioniers Gustav Klimt (1862–1918). © Morris Mac Matzen

22 Euro für Klimt: Warum ist das so teuer?

Bleibt die Frage: Warum kostet das so viel? "Der Eintrittspreis ist vergleichbar mit Preisen anderer Freizeitmöglichkeiten wie zum Beispiel einem Kinobesuch", sagt Schessl. Zum Vergleich: Ein Kinoticket im Mathäser Filmpalast kostet je nach Film und Tageszeit aktuell zwischen etwa sieben und 17,49 Euro (Filmneustart, Samstagabend, Dolby Cinema).

Günstiger wird es, wenn man sich die Originale anschauen möchte – dann aber natürlich gänzlich ohne Eintauchen und Erzählung: In der Alten Pinakothek können Interessierte zwei Klimt-Gemälde bestaunen, der Eintritt kostet regulär sieben Euro, sonntags sogar nur einen Euro. Hier weist Schessl allerdings darauf hin, dass Ausstellungen wie die aktuelle im Utopia im Gegensatz zu solchen in den Pinakotheken "ohne staatliche Subventionen stattfinden".

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Multimedia-Ausstellungen wie "Klimts Kuss" haben laut Schessl "ihre ganz eigenen logistischen und technischen Herausforderungen" im Vergleich zu einer klassischen Ausstellung, wo teure Kunstwerke verpackt, verschickt, aufgehängt und versichert werden. Sie seien "technisch und auch personell" sehr aufwendig.

Wer sich selbst ein Bild von der immersiven Art um "Klimts Kuss" im Utopia machen möchte – ob für 22 Euro unter der Woche oder 25 Euro am Wochenende – kann das noch bis zum 15. Mai tun. Der Andrang ist groß.

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5 Kommentare
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  • Futurana am 25.03.2023 08:44 Uhr / Bewertung:

    Habe "v.Gogh" und "Kahlo" besucht. Allerdings war ich eher von der Technik fasziniert. Ein echter v.Gogh in der Pinakothek , eine echte Kahlo vor Jahren als Wanderausstellung ziehe ich vor. Klimt ist zu ausgelutscht , zu omnipräsent als das er mich interessieren könnte. Der Eintrittspreis ist nicht billig aber o.k.

  • Münchner Flaneur am 25.03.2023 00:48 Uhr / Bewertung:

    Wäre diese Show ein Ort, wo man etwas isst, dann wäre es ein Fast Food Restaurant.
    Hier geht es doch nicht um Kunst, sondern um Konsum.
    Kunst verlangt, HINzuschauen, nachzudenken, Zeit zu investieren, zu lernen. Kunst ist UNbequem und macht Arbeit. Aber das hier ist halt ein leichtverdauliches, unterhaltsames "Event". Passend zur oberflächlichen Instagram- und Surrogat-Kultur:
    Bequem und einfach muss alles sein, auf die eigentlichen Bilder kann man getrost verzichten, eine Projektion reicht völlig aus. In der Show kann KEIN einziges Original betrachtet werden. (Für den Veranstalter ist das natürlich genial, wenn man allein an die eingesparten Versicherungsprämien denkt.)
    Bei solchen Sachen muss ich immer an den Schluss vom Film Wall-E denken, wo die dicken Leute mit ihren Bequemsesseln verwachsen sind und sich nur noch berieseln lassen.
    Mein Fazit:
    Naa, geht's lieber in die Pinakothek und schaut's Euch die wirklichen Bilder an, da habt's mehr davon und kosten tut's auch viel weniger!

  • UlrichStein am 24.03.2023 16:29 Uhr / Bewertung:

    Ist dieser Boom gerechtfertigt?
    Ganz einfach: Wenn es den Leuten gefällt und die Tickets sich gut verkaufen, ist jeder Boom gerechtfertigt. Insofern ist diese Frage etwas merkwürdig.

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