Immer weniger Geldautomaten in München: Bares ist Rares

Wer jung ist, zahlt gerne mit Karte. Geldinstitute sparen deshalb an Bankautomaten. Für Rentner und Menschen, die nicht mehr so gut zu Fuß sind, ist das ein Problem.
Niklas Hellmich |
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Geld abheben, und zwar am besten ohne Gebühren bei der eigenen Bank, das wird für manche Kunden zum Spießrutenlauf.
Geld abheben, und zwar am besten ohne Gebühren bei der eigenen Bank, das wird für manche Kunden zum Spießrutenlauf. © imago/Ralph Peters

München - Wenn Reinhild Köhler daran denkt, wie sie im Alter einmal an Bargeld kommen soll, ist das für sie "eine Horrorvorstellung". Die Buchhändlerin will gerade Geld bei einer Bank in Schwabing abheben, als die AZ sie anspricht. Immer mehr Geldautomaten verschwinden, beobachtet die 63-Jährige. Noch kann sie damit umgehen. Aber wenn sie einmal älter und weniger mobil ist? Sie will gar nicht daran denken, wie sie dann zum Geldautomaten kommen soll - wenn es die nur noch an wenigen Orten gibt.

Für 32 Prozent ist kein Geldautomat in der Nähe

Viele Menschen sind ähnlich empört wie Köhler, wenn man sie zum Thema Geldautomaten befragt. "Ich musste extra einen riesen Umweg fahren, um überhaupt an Kohle zu kommen", ist da nur eine Beschwerde unter vielen.

Auch die Verbraucherzentrale hat 2021 in einer repräsentativen Umfrage ermittelt, dass 32 Prozent der Bankkunden Probleme haben, an Bargeld zu kommen, weil es keinen Geldautomaten in ihrer Nähe gebe.

2,7 Prozent weniger Geldautomaten in Deutschland

Das Gefühl der Befragten wird auch durch andere Zahlen bestätigt: So hat das Analysehaus Barkow Consulting etwa für 2017 berechnet, dass der Rückgang von Geldautomaten bundesweit 2,8 Prozent betrug. In den letzten drei Jahren wird der Abbau noch massiver gewesen sein - seit Corona hat das Kartezahlen noch mal kräftig an Fahrt aufgenommen.

Die Sparda-Bank hat 20 Prozent ihrer Automaten gestrichen

Ein Beispiel für München zeigt das Ausmaß: Die Sparda-Bank hat in den letzten drei Jahren ihre Anzahl an Automaten von 49 auf 39 reduziert. Das ist ein Rückgang um mehr als 20 Prozent!

Die Empörung kann so wohl keinen verwundern. Vor allem bei älteren Menschen, die schlecht zu Fuß sind oder langsam anfangen, sich darüber Sorgen zu machen - wie Reinhild Köhler. Die 63-Jährige findet: Es sei unmöglich, dass die Banken auf der einen Seite Negativzinsen und horrende Gebühren verlangten und auf der anderen Seite Filialen und Geldautomaten abbauten. "Außerdem verarmen wir an Begegnung", so Reinhild Köhler. Es mache sie sehr traurig, dass die Banken das noch beförderten.

Eingeschränktes Bargeldabheben besonders für ältere Menschen ein Problem 

Auch der Seniorenbeirat ist empört. "Wir kämpfen seit vielen Jahren gegen den Abbau von Automaten", so der Vorsitzende Reinhard Bauer. Einen zusätzlichen Automatenabbau werde man versuchen zu verhindern. Sie wollen sich auch an den Oberbürgermeister wenden. "Ältere Menschen sind weniger mobil und internetaffin", macht der 72-Jährige klar. Daher könne man nicht hinnehmen, dass die Möglichkeiten zum Bargeldabheben eingeschränkt werden. "Es ist wichtig, dass Senioren ihre Bankgeschäfte solange es geht selbstständig machen können", sagt Bauer. "Dafür braucht es aber genügend Automaten und Filialen."

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Und einfach alles mit Karte zahlen ist nicht nur für die 63-jährige Reinhild Köhler keine Option. Mit Bargeld habe man einen besseren Überblick über seine Ausgaben und sein Geld besser unter Kontrolle. Diese Gründe führen viele an. Andere, die bar bezahlen, begründen das auch schlicht mit ihrer Gewohnheit - oder mit der Sorge, dass Kartenzahlung zum Geldausgeben verleite, vielleicht sogar bis zur Verschuldung.

Was sagen die Banken zu dem dünnen Automatennetz?

Wenn man Banken auf ihr ausgedünntes Automatennetz anspricht, verweisen diese gerne auf das Cashback-Verfahren in Supermärkten und Discountern, bei dem man sich beim Bezahlen noch zusätzlich Bargeld geben lassen kann - das Problem: Das geht erst ab einem bestimmten Einkaufswert und zumindest dieser Einkauf kann logischerweise nicht bar bezahlt werden.

Die Abendzeitung hat sich bei häufig vertretenen Banken in der Stadt erkundigt, wie viele Geldautomaten sie betreiben und wie viele in den letzten drei Jahren abgebaut wurden. Viele hielten sich bei den Auskünften eher bedeckt:

  • Stadtsparkasse: 131 Geldautomaten, keine abgebaut
  • Münchner Bank: rund 60 Geldautomaten
  • Commerzbank: 44 Geldautomaten
  • Sparda-Bank: 39 Geldautomaten, 10 abgebaut
  • Targobank: 22 Geldautomaten, keine abgebaut
  • ING: 21 Geldautomaten, "einige wenige abgebaut"
  • Deutsche Bank: 19 Geldautomaten
  • Postbank: Das Geldinstitut möchte keine Auskunft über Münchner Zahlen geben, da man bundesweit operiere. Die Bank teilte jedoch am Dienstag mit, dass sie ihre Filiale in der Theresienstraße 22 in der Maxvorstadt zum 14. September schließen wird. Das Unternehmen verweist auf die Filialen in Schwabing und in der Ludwigvorstadt als die nächstgelegenen Filialen. Postdienstleistungen gebe es ab heute in der Amalienstraße 37.
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42 Kommentare
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  • Schweineschnitzel am 17.08.2022 20:55 Uhr / Bewertung:

    Nichts spricht für bargeldloses Bezahlen. Ich stecke doch nicht meine Karte in den dreckigen Schlitz wo alle ihre Karten reinstecken. Und dann tippe ich auf diesem verkeimten Gerät herum.

  • ClimateEmergency am 18.08.2022 00:47 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Schweineschnitzel

    Kontaktlos mit dem Smartphone und beides entfällt

  • Wendeltreppe am 18.08.2022 10:16 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Schweineschnitzel

    Aber man fasst im täglichen Leben doch ständig was an, irgendwelche Türgriffe, Geländer, Einkaufswagen usw. usw. ..
    Aber im Vergleich dazu ganz wenig und nur kurz die EC-Karte und mit den Fingerspitzen tippt man ein paar mal den Pinn ein.
    Die davor eine gewisse Panik "verspüren" tragen doch sicher ein Desinfektionsmittel bei sich..?

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