Im Corona-Testlabor: Forschung im Sicherheitstrakt

Die AZ zu Besuch in der Sanitätsakademie der Bundeswehr: Ein exklusiver Einblick in das abgeschirmte Labor, in dem Proben auf das gefährliche Virus getestet werden.
von  Paul Nöllke
Die Corona-Teststation der Bundeswehr.
Die Corona-Teststation der Bundeswehr. © Daniel von Loeper

München - Das Auto rollt langsam auf das weiße Zelt zu und kommt direkt vor Marie-Theres Pfalzgraf zum Stehen. Die Oberstabsärztin der Bundeswehr trägt einen weißen Schutzanzug, einen großen Schutzschirm vor dem Gesicht und eine Atemschutzmaske. Als die Fahrerin ihr Fenster herunterlässt, beugt sich Pfalzgraf zu der Frau am Steuer und fragt sie nach ihren Symptomen und Beschwerden. Dann nimmt sie vorsichtig einen langen Stab und bittet die Fahrerin, den Kopf in den Nacken zu legen. "Das kann jetzt ein bisschen unangenehm sein", warnt Pfalzgraf.

Heute ein Test, morgen das Ergebnis

Sie schiebt der Fahrerin das Stäbchen vorsichtig tief in die Nase und zieht es behutsam wieder heraus. "Schon fertig!" Die Autofahrerin bedankt sich erleichtert und fährt aus dem Zelt hinaus. Die Corona-Teststation, in der Pfalzgraf die Probe genommen hat, befindet sich direkt vor der Fürst-Wrede-Kaserne an der Ingolstädter Straße, hoch im Norden von München.

Vor dem Zelt steht ein Krankenwagen, um das Zelt herum Leute in Bundeswehr-Uniform. Das Besondere an der Teststation: Sie wird von der Bundeswehr betrieben. Auf der anderen Seite der Straße befindet sich das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr, wo gleich nach der Entnahme an der Teststation die Corona-Proben im Labor untersucht werden können. Alle Testpersonen bekommen so schon am nächsten Tag Bescheid: positiv oder negativ.

"Das ist hier eine Fast-Lane-Teststation", sagt Leutnant Holger, der für die Organisation der Teststation zuständig ist. In der Station können sich Polizisten, Feuerwehrleute oder Sanitäter testen lassen – und bekommen dann eine besonders schnelle Rückmeldung. Auch zwei zivile Sanitäter vom Krankentransport MKT sind zur Unterstützung vor Ort. "Wir arbeiten an mehreren Teststationen auch mit der Bundeswehr zusammen", sagt Geschäftsführer Michael Mengele. Das größte Problem für den MKT sei dabei, die nötige Schutzkleidung zu bekommen. "Gerade sind zum Beispiel die Schutzanzüge knapp", erklärt Mengele. "Den Mangel spüren sogar wir."

Nachdem das letzte Auto durch die Teststation gerollt ist, zieht Oberstabsärztin Marie-Theres Pfalzgraf den weißen Schutzanzug aus und nimmt einen unscheinbaren Pappkarton in die Hand. In ihm befinden sich die Coronaproben, die die Ärztin nun auf die andere Seite der Straße bringt.

Zum Test wird ein Stäbchen durch die Nase geschoben.
Zum Test wird ein Stäbchen durch die Nase geschoben. © Daniel von Loeper

Dort ist sich die Sanitätsakademie der Bundeswehr und eben das Institut für Mikrobiologie, wo die Proben getestet werden. "Hier testen wir auch Proben aus zivilen Krankenhäusern", fügt Gesine Krüger, Kommandeurin der Sanitätsakademie, hinzu. "Wir sind froh, Amtshilfe leisten zu können." Amtshilfe, die es sogar zu einiger Berühmtheit gebracht hat: "Hier wurde im Januar der erste Fall von Corona in Deutschland diagnostiziert", erinnert sich der Leiter des Instituts für Mikrobiologie, Roman Wölfel.

Vor der Tür, die in Wölfels Labor führt, hängen große Schilder: "Zugang nur für autorisiertes Personal", steht auf einem, ein anderes zeigt einen großen durchgestrichenen Fotoapparat. Mit besonderer Erlaubnis des Institutsleiters darf die AZ dennoch einen Blick ins Labor werfen. In den Räumen tragen die Mitarbeiter Kittel und weiße Uniformen. An den Wänden sind Warntafeln angebracht, die vor "Biogefährdung" warnen. Mitten im Gang mehrere große Koffer – mobile Labore. "Damit sind wir auch beim Ebola-Ausbruch nach Afrika geflogen", so Wölfel – als eines der ersten Labore in Europa.

Bis zu 200 Abstriche pro Tag

Und schon ab Januar forschte das Labor am Coronavirus und entwickelte die Corona-Tests. Heute können hier rund 200 Abstriche pro Tag untersucht werden.

Die Corona-Proben, die Pfalzgraf an der Teststation genommen hat, kommen im Labor erst mal auf eine "Arbeitsbank". Diese Arbeitsplatte ist in einer Glaskabine eingebaut, in der die Luft nach oben in einen Filter abgesaugt wird. "Deswegen tragen die Mitarbeiter hier auch keine Schutzmaske", erklärt Wölfel. Mit Schutzmaske zu arbeiten, sei bei diesem Arbeitsschritt nicht nur unnötig, sondern es sei damit auch "sehr anstrengend zu atmen, und wir wollen nicht, dass unsere Mitarbeiter deswegen Fehler machen".

Auf der Arbeitsbank kontrolliert die Mitarbeiterin des Labors, Anne Grumbach, die Abstriche und überprüft ihre Identität. "Wir stellen klar, dass die Proben nicht falsch etikettiert worden sind", sagt Wölfel. "Da darf uns kein Fehler unterlaufen." Nachdem die Röhrchen mit den Abstrichen beschriftet sind, wird eine Chemikalie dazugegeben, die das gefährliche Virus inaktiviert. "Jetzt kommen die Proben in die Zentrifuge", erklärt Wölfel. Das Erbgut des Virus wird so vom Rest der Probe getrennt – und bleibt in dem Röhrchen zurück.

"Ebola, Pest, Lassa-Fieber – und ganz neu Corona"

Der nächste Raum, in den die Proben gebracht werden, ist mit Computern und großen, weißen Maschinen, die wie Drucker aussehen, vollgestellt. Die Corona-Proben werden hier auf kleinen Paletten in die großen Maschinen eingelegt. "Dieser Prozess dauert so etwa zwei Stunden", sagt Wölfel. Und noch während die Maschine die Proben untersucht, wird das Ergebnis bereits als Graph auf einem Computerbildschirm angezeigt.

Viele grüne Linien am Boden des Graphen zeigen die Proben, die negativ sind. Zwei Linien erheben sich über den grünen, sie sind rot eingefärbt. "Das sind die positiven Proben", sagt Wölfel. "Die eine ist eine Kontrollprobe von uns, die machen wir immer. Die andere rote Linie bedeutet, dass da ein Coronafall vorliegt."

Einblick ins Hochsicherheits-Labor der Bundeswehr: Hier herrscht Unterdruck, damit die Viren nicht aus dem Raum austreten.
Einblick ins Hochsicherheits-Labor der Bundeswehr: Hier herrscht Unterdruck, damit die Viren nicht aus dem Raum austreten. © Daniel von Loeper

Von Tag zu Tag ist die Quote der positiv getesteten unterschiedlich. "Aber sie liegt allgemein so bei etwa zehn Prozent", sagt Wölfel. In den meisten Laboren endet hier der CoronaTest. Im Institut der Bundeswehr aber gibt es noch eine Besonderheit. Roman Wölfel führt zu einer Metalltür. Am Türrahmen sind Warnschilder angebracht, rote und gelbe Lampen sind über der Tür befestigt. "Hier testen wir auf schützende Coronavirus-Antikörper", erklärt Wölfel. Wenn jemand solche Antikörper vorweisen kann, ist er gegen Corona immun.

In dem Raum herrschen allerstrengste Sicherheitsvorkehrungen: Die Tür lässt sich nur schwer öffnen – sogar im Raum vor dem eigentlichen Labor herrscht Unterdruck. Durch eine Scheibe sieht man vom Vorraum aus Menschen, die mit ihren Schutzanzügen ein wenig an Astronauten erinnern, im Labor arbeiten.

Immunität durch Antikörper

Durch Filter wird jedem Luft über einen Schlauch in den Anzug geblasen. "Das ist unser Sicherheitslabor", sagt Wölfel. "Für die Antikörper-Probe nehmen wir das Coronavirus und mischen es mit einer Blutprobe. Wenn jemand Antikörper im Blut hat, erledigen die das Virus." So wird ersichtlich, ob man gegen das Virus immun ist. Ganz einfach eigentlich, dennoch machen diese Probe nur wenige Labore. Wölfel schließt die Labortüre wieder.

Auf der anderen Seite hängt ein Plakat, es zeigt die Viren und Bakterien, auf die das Institut testet. "Da ist zum Beispiel Milzbrand, da ist Ebola, Lassa-Fieber und hier ist die Pest", sagt Wölfel. "Und hier unten haben wir jetzt auch ganz neu Corona."

Lesen Sie auch: Wie sich Corona auf unser Sexleben auswirkt

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.