"Ihren Mörder? Den kriegen wir nie!"

Wie AZ-Reporter Torsten Huber vor 26 Jahren den Mordfall erlebt hat, der bald aufgeklärt sein soll.
von  Torsten Huber
Ein neuer DNA-Test soll jetzt den Mörder von Michaela Eisch (8) überführen. Vor 26 Jahren sagte ein Polizsit: "Den kriegen wir nie!"
Ein neuer DNA-Test soll jetzt den Mörder von Michaela Eisch (8) überführen. Vor 26 Jahren sagte ein Polizsit: "Den kriegen wir nie!" © Polizei/dpa

 

Wie AZ-Reporter Torsten Huber vor 26 Jahren den Mordfall erlebt hat, der bald aufgeklärt sein soll.

München Es waren schwierige Gespräche. Immer wieder griff die damals 27-jährige Helga Eisch zum Taschentuch, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und sagte jedes mal: „Entschuldigen Sie bitte.“ Das war vor fast 26 Jahren. Ich war 25 Jahre alt und Polizeireporter.

Ich saß mit einem Fotografen in der Küche der Mutter, die 32 Tage zwischen Hoffnung und Trauer hin- und hergerissen wurde. Ständig berührte sie das Farbbild ihrer kleinen Michaela (8) und flüsterte: „Wo bist du nur?“ Geduldig beantwortete sie alle Fragen. Sie öffnete das Familienalbum und zeigte uns das Kinderzimmer von Michaela.

Die Wand voll geklebt mit Bravo-Postern. Plüschtiere lagen auf der Bettdecke. Wir haben die Mutter, nachdem ihrer Tochter am 17. Mai 1985 verschwunden war, oft besucht. Als wir ihre Wohnung an der Bad-Schachner-Straße verließen, versuchten wir sie aufzumuntern: „Die ist bestimmt bei einer Freundin oder Bekannten. Sie taucht bestimmt wieder auf.“

Mit den Tagen wurde es zunehmend schwieriger, der Mutter noch Hoffnung zu machen. Ein 8-jähriges Kind bleibt nicht allein tagelang weg und spielt irgendwo bei einer Freundin oder Bekannten. Ein Polizist sagte damals: „Wenn man nach einer Woche keine heiße Spur hat, dann ist der Fall kalt. Es wird immer schwieriger den Mörder zu finden.

Den kriegen wir nie.“ Am Nachmittag des 14. Juni 1985 bekam ich dann einen Anruf: „Man hat Michaelas Leiche gefunden.“ Ihr kleiner Körper lag geschunden im Gebüsch an der Braunauer Eisenbahnbrücke. Fassungslos stehen wir am Tatort. Die Mutter weiß noch nichts davon. Wir beschließen, sie zu besuchen.

Als wir mit dem weißen Golf des Kollegen vor dem Anwesen der Mutter halten, reißt sie schon die Tür auf: „Gibt es was Neues?“ Wir trauen uns nicht, ihr die schreckliche Nachricht zu übermitteln. Sekunden später kommt ein Zivilfahrzeug der Polizei. „Wir hoffen, Sie haben noch nichts gesagt“, sagen uns die Beamten.

In dem Augenblick wusste die Mutter, was passiert sein muss. Sie brach in Tränen aus, sackte zusammen, musste gestützt werden. Nur wenige Jahre später starb sie an einem Asthmaanfall. Jetzt gibt es neue Hoffnung, dass das schreckliche Verbrechen doch noch aufgeklärt wird. Auch der inzwischen pensionierte Polizist würde in diesem Fall wohl gerne Unrecht haben.

 

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