"Ich wollte nur parken": Anwohner begeht Straftat im Halteverbot

Einen Anwohner in Nymphenburg nerven neue Verbotsschilder, weil er keinen Sinn darin erkennen kann. Er legt zwei Schilder um – und parkt. Das ist eine Straftat, sagt die Polizei.
Irene Kleber |
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"Vor meiner Haustür sind 40 Parkplätze weg“, ärgert sich Stephan Oberacher aus Nymphenburg. Aber warum eigentlich? Das erfahren die Anwohner nicht. Also legt er zwei (anfangs noch mobile) Schilder um, und parkt trotzdem. Das gilt jetzt als Straftat.
"Vor meiner Haustür sind 40 Parkplätze weg“, ärgert sich Stephan Oberacher aus Nymphenburg. Aber warum eigentlich? Das erfahren die Anwohner nicht. Also legt er zwei (anfangs noch mobile) Schilder um, und parkt trotzdem. Das gilt jetzt als Straftat. © Daniel Loeper

Man könne sich das so vorstellen, sagt Stephan Oberacher. "Ich komme mit meinem Auto heim, will Sachen ausladen – und auf einmal stehen diese ganzen Park- und Halteverbotsschilder da. Ohne Erklärung, ohne Ankündigung, aus dem Nichts!“
Ein 140 Meter langes Stück der Kriemhildenstraße in Nymphenburg plus ein kleinerer Bereich in der kreuzenden Guntherstraße seien am 7. Juli – ein Montag – plötzlich gespickt mit mobilen Schildern gewesen. In direkter Nähe zum Hirschgarten mit seinen vielen Biergartenbesuchern.
"Locker 40 Parkplätze vor meiner Haustür einfach weg“, sagt der Unternehmens-Restrukturierer. "Dass man nicht mal mehr halten darf zum Ausladen – das war ein Riesenärgernis für uns Anwohner.“

Auch grantige Nachbarn legten Schilder um

Ein paar Tage habe er sich das mit viel Grant im Bauch angeschaut. Und zugesehen, wie ebenso grantige Nachbarn, wenn die von der Arbeit kamen, einzelne mobile Schilder händisch umgelegt haben – um über Nacht trotzdem zu parken. "Weil sonst ja weit und breit nichts frei war“, sagt Oberacher. "Wir haben dann die ganze Woche eine Baustelle erwartet“, sagt er. "Dafür wär’s ja auch okay, die Straße freizumachen.“

Die Kriemhildenstraße, von der Kreuzung Guntherstraße aus gesehen: Links und rechts ist jetzt Parkverbot. Das verärgert die Anwohner.
Die Kriemhildenstraße, von der Kreuzung Guntherstraße aus gesehen: Links und rechts ist jetzt Parkverbot. Das verärgert die Anwohner. © Stephan Oberacher

"Am Wochenende wird ja wohl nicht gebuddelt"

Und dann wurde es Freitagabend, 19 Uhr – noch immer kein Bagger in Sicht. Da hat es Stephan Oberacher gereicht. "Ich hab an der Gunterstraße zwei von den Halteverbotsschildern umgelegt und meinen BMW geparkt. Eine Baustelle wird ja wohl am Freitagabend und am Wochenende nicht gebuddelt, dachte ich mir.“
Dumm bloß: Oberachers ziviler Ungehorsam ist offenbar von Anwohnern und von einem Polizeibeamten beobachtet worden.

Wenig später kam amtliche Post – zunächst nur ein Strafzettel über 50 Euro. Mit dem sei er aber nicht einverstanden. "In meinem Beruf müssen Abläufe effizient sein“, argumentiert Oberacher. "Übers Wochenende haben Baustellen keine Tätigkeit, also ist es effizient, dass in dieser Zeit Parkplätze wieder hergestellt werden.“
Schließlich müssten in der Kriemhildenstraße auch Familien ihre Einkäufe ausladen, außerdem kämen gerade am Wochenende viele Biergartengäste, die im Viertel parken wollen.

Gunther- und Kriemhildenstraße liegen nah am Hirschgarten. Vom neuen Parkverbot sind deshalb auch Biergartengäste betroffen, die bis zum Sommer noch in den Anwohnerstraßen parken konnten.
Gunther- und Kriemhildenstraße liegen nah am Hirschgarten. Vom neuen Parkverbot sind deshalb auch Biergartengäste betroffen, die bis zum Sommer noch in den Anwohnerstraßen parken konnten. © iko

Grund für die Schilder: die Tram-Westtangente

Durchgehen lassen haben die Behörden ihm seine Argumente freilich nicht. Vielleicht auch vor diesem Hintergrund: In der Kriemhildenstraße soll überhaupt nicht gebuddelt werden. Grund für die Parkverbotsschilder sei die Tram-Westtangente, an der die Stadtwerke München (SWM) gerade bauen, teilt das Mobilitätsreferat auf AZ-Nachfrage mit.

Weil die große Wotanstraße, die ums Wohnviertel herum Richtung Laim führt, aktuell nur noch als Einbahnstraße befahren werden kann, bräuchten Anlieger- und Lieferverkehr andere Durchfahrtmöglichkeiten Richtung Süden. Eben auch durch die Gunther- und Kriemhildenstraße.
"Die beschriebenen Haltverbote dienen dazu, diese Strecke freizuhalten“, so das Referat, "und eine Einfahrt für aus Norden kommende Anlieger zu erleichtern.“

"Ich bin sonst nie renitent, sondern ein friedlicher Mensch", sagt der Parkschild-Rebell Stephan Oberacher.
"Ich bin sonst nie renitent, sondern ein friedlicher Mensch", sagt der Parkschild-Rebell Stephan Oberacher. © Daniel Loeper

Anwohnerinformation? Gab es nicht

Der zuständige Bezirksausschuss sei über die Anordnung informiert worden – und für die Anwohnerinformation sei der "Maßnahmenträger“ zuständig, also: die Stadtwerke. Die Stadtwerke erklären auf Nachfrage, dass sie Betroffene bei größeren Maßnahmen, wie Straßensperren, Einbahnregelungen oder der Einschränkung von Zufahrten informiere. In diesem Fall allerdings sei das nicht geschehen. "Im konkreten Fall gab es keine Information über das Parkverbot“, teilte ein Sprecher mit. Warum nicht, fragt man sich offenbar auch bei den SWM. "Wir nehmen die Anwohnerbeschwerde zum Anlass, unsere Prozesse zu überprüfen“, heißt es weiter.

Ein Verkehrsschild umstellen, ist ein "Straftatbestand"

Für Stephan Oberacher hat der zivile Parkschilder-Ungehorsam jedenfalls ein Nachspiel: Das Bayerische Polizeiverwaltungsamt hat ihm schriftlich mitgeteilt, dass es sich um einen "Straftatbestand“ handelt, wenn "Verkehrsteilnehmer, die den Sinn eines Zeichens in Frage stellen“, ein offizielles Verkehrsschild umstellen oder unkenntlich machen.
Oberacher ist stocksauer: "Ich bin sonst nie renitent, sondern ein friedlicher Mensch. Aber jetzt warte ich auf meinen Gerichtstermin – als Autofahrer, der einfach nur in der Nähe seiner Wohnung parken will.“

Ziviler Ungehorsam auf andere Art (und auch verboten): Jemand hat das neue Halteverbotsschild mit einem Lach-Smiley überklebt.
Ziviler Ungehorsam auf andere Art (und auch verboten): Jemand hat das neue Halteverbotsschild mit einem Lach-Smiley überklebt. © Daniel Loeper

Ziviler Ungehorsam: mit einem Smiley

Wie es aussieht, mag sich die Stadt keine weiteren Schilder-Umwerfereien mehr gefallen lassen: Die mobilen Parkverbotsschilder sind inzwischen fest einbetoniert und sollen laut Mobilitätsreferat "für die Dauer der Bauarbeiten, also zunächst bis voraussichtlich August 2026“ stehen bleiben.
Ein anderer Anwohner hat derweil auf eigene Art zu zivilem Ungehorsam gegriffen. Und sein persönliches Ärger-Schild überklebt: mit einem gelben, lachenden Smiley.

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  • Radl Rainer vor 12 Minuten / Bewertung:

    Sind solche Menschen überhaupt für den Straßenverkehr geeignet? Ich halte eine MPU angebracht.

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  • OnkelHotte vor 39 Minuten / Bewertung:

    Und jetzt, soll es doch verboten sein … was interssiert dich das was dort ist

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  • Newi83 vor 45 Minuten / Bewertung:

    So viel Narrenfreiheit wie sich Autofahrer in München herausnehmen können, schaffen nicht einmal 5 Millionen Radler.

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