Hygiene-Skandal an Münchner Kliniken: „Irgendwer hat gepennt“

Schon seit 18. Mai gibt es das Gutachten, das den Hygiene-Skandal dokumentiert – doch geschehen ist erstmal nichts. Der dritte Bürgermeister fürchtet jetzt den finanziellen Schaden der Affäre
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Hep Monatzeder
Gregor Feindt Hep Monatzeder

MÜNCHEN - Schon seit 18. Mai gibt es das Gutachten, das den Hygiene-Skandal dokumentiert – doch geschehen ist erstmal nichts. Der dritte Bürgermeister fürchtet jetzt den finanziellen Schaden der Affäre

AZ: Wie viele Operationen sind schon ausgefallen?

HEP MONATZEDER: Das lässt sich schwer sagen, da einige Operationen auf andere Häuser verlagert wurden.

Wie lange wird es dauern, bis wieder normaler Betrieb ist?

Das können wir noch nicht sagen. Es geht darum, Alternativen für die Sterilgut-Aufbereitung zu finden. Wir brauchen Zulieferungen. Die anderen Krankenhäuser, die zum Städtischen Klinikum gehören, haben aber auch nicht jede Menge OP-Besteck auf Halde. Jetzt müssen wir schauen, ob wir Material dazukaufen können. Ich kann keine Prognose abgeben, wie lange es dauern wird, bis wir das Ganze neu organisiert haben.

Ein Gutachten attestiert der Sterilgut-Abteilung in Bogenhausen massive Mängel. Seit wann ist es bekannt?

Dem Aufsichtsrat ist es seit vergangenen Freitag bekannt. Gleich am Montag ist die Überwachungsbehörde in die Krankenhäuser gegangen und hat kontrolliert – schneller konnte man nicht reagieren.

Und von wann stammt das Gutachten?

Es ist auf 18. Mai datiert.

Und was ist dann in der Zwischenzeit passiert?

Laut den Verantwortlichen wurden erste Maßnahmen, die das Gutachten vorgeschlagen hat, eingeleitet. Aber gegriffen haben sie bislang offensichtlich noch nicht.

Wie kann das sein?

Das frag’ ich mich auch. Es muss jetzt geklärt werden, wer die Verantwortung dafür trägt.

Wer wusste denn von dem Gutachten?

Detaillierte Auskünfte dazu kann ich nicht geben. Es gibt ja jetzt auch staatsanwaltschaftliche Untersuchungen. Irgendwer hat gepennt. Der Aufsichtsrat hat aber bereits beschlossen, den dafür zuständigen Geschäftsführer des Klinikums bis auf Weiteres zu suspendieren.

Welche Kritikpunkte stehen in dem Gutachten?

Es benennt massive Mängel. Zum einen eine gravierende Organisationsproblematik – da gab es Fehler bei der Zusammenstellung des jeweils nötigen OP-Bestecks und Falschlieferungen. Zum anderen sind auch Hygienemängel darin aufgeführt. Die Sterilisation ist nicht in der richtigen Art und Weise erfolgt.

Ist das nicht aufgefallen?

Doch. Es gibt sechs Kontrollen, bevor ein Instrument zur Anwendung kommt. Wenn die OP-Schwester dem Arzt eine Schere hinlegt, dann muss sie sie vorher öffnen. Und wenn eine Verfärbung oder Verunreinigung vorliegt, wird diese Schere nicht verwendet. Dieser Ausschuss war in letzter Zeit besonders hoch.

Was sagen die massiven Mängel über das Personal in der zuständigen Abteilung aus?

Das untersuchen wir gerade. Ein Mitgrund ist sicherlich, dass das Personal noch besser geschult werden muss.

Welche Gefahr gab es für Patienten?

Experten sagen, dass Gefahren für Patienten durch unsauberes OP-Besteck äußerst unwahrscheinlich sind. Infektionen in Krankenhäusern passieren mehr oder weniger durch andere Keime.

Wie groß ist der Imageschaden fürs Klinikum?

Massiv, der ist riesig. Weil die städtischen Krankenhäuser eigentlich einen guten Ruf haben. Es wird lange Zeit dauern, das wieder auszubügeln. Das Ganze ist natürlich auch mit einem massiven finanziellen Schaden verbunden. Das macht mir große Sorgen. Das wird sich alles in barer Münze bemerkbar machen.

Interview: Julia Lenders

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