Hohe Haftstrafen für U-Bahnschläger
MÜNCHEN - Serkan A. und Spyridon L., die zwei U-Bahn-Schläger, werden zu zwölf und achteinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Auf dem Weg nach Stadelheim zeigen sie den Stinkefinger.
Sieht so Reue aus? Die beiden U-Bahn-Schläger Serkan A. (21) und Spyridon L. (18) zeigen ihre gestreckten Mittelfinger durch die Fenster des Gefangenentransporters. Vor ihrer Rückfahrt in die Justizvollzugsanstalt Stadelheim wurden sie von der Münchner Jugendstrafkammer zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Serkan A. bekam zwölf Jahre – achteinhalb Jahre muss Spyridon L. ins Gefängnis. Beide sind schuldig des versuchten Mordes und der gefährlicher Körperverletzung.
Serkan A. wurde noch ein Diebstahl zur Last gelegt, weil er sein bewusstloses Opfer bestohlen hatte. Während die Freundinnen der beiden Angeklagten im Gerichtssaal 101 bitterlich weinten, verzogen die Verurteilten keine Mine. Sie wollten offenbar zeigen, dass sie harte Jungs sind.
„Es war eine völlig sinnlose Tat auf sittlich niedrigster Stufe. Sie wurde gezielt und kaltblütig ausgeführt“, betonte der Vorsitzende Richter Reinhold Baier.
Der brutale Überfall auf den pensionierten Schuldirektor Bruno N. (76) löste bundesweit politische Diskussionen und die Forderung nach härteren Gesetzen aus. Zwei Mordmerkmale sah die Jugendkammer als erwiesen an. Zum einen: Heimtücke. Das Opfer sei „arg- und wehrlos“ gewesen, so der Richter. Für Bruno N. war nämlich der Streit, der sich zuvor in der U–Bahn abgespielt hatte, längst erledigt. Er rechnete nicht mit einem Angriff, als er den U-Bahnhof Arabellapark verließ. „Die Angeklagten haben den Überraschungsmoment ausgenutzt“, so Baier.
Zum anderen: „niedrige Beweggründe“ – Kennzeichen des zweiten Mordmerkmals. Anlass und Tat stünden, so das Gericht, in einem krassen Missverhältnis. Der bloße Hinweis auf das Rauchverbot in der U-Bahn habe Bruno N. fast das Leben gekostet. Die Initiative sei von Serkan A. ausgegangen. Er habe besonders kaltblütig gehandelt, indem er dem wehrlosen Opfer noch den Rucksack (Inhalt: Kamera und Notizbuch) abnahm.
Die Kernfrage im Prozess lautete: Müssen sie nach Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht bestraft werden? Bei dem zur Tatzeit 17-jährigen Griechen Spyridon L. war das Jugendstrafrecht (Höchststrafe 10 Jahre) zwingend anzuwenden. Zwischen 18 und 21 Jahren gilt das Jugendstrafrecht nur dann, wenn die Gutachter bei dem Angeklagten eine Reifeverzögerung feststellen. Dies war bei dem Türken Serkan A. nicht der Fall, weshalb bei ihm das Erwachsenenstrafrecht zur Anwendung kam. Mordversuch bedeutet hier normal lebenslänglich.
"Die Gutachter haben bei Serkan A. aber auch festgestellt, dass noch nicht Ende aller Tage ist, eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft noch möglich ist“, sagte Baier. Deshalb wurde für den Heranwachsenden Serkan der Jugendparagraph 106 angewendet: Hier liegt der Strafrahmen bei Mordversuch zwischen 10 und 15 Jahren.
Die Strafverteidiger gehen in Revision. Wolfgang Kreuzer, Anwalt von Spyridon L., sagte: „Ein ungerechtes Urteil. Die Angeklagten haben die bayerische Härte zu spüren bekommen.“
Torsten Huber
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