Hochschule für Musik und Theater in München: Sodom und Gomorrha
München - Der Ex-Präsident der Hochschule für Musik und Theater wurde bereits wegen sexueller Nötigung zu einer neunmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Ein zweiter Prozess beschäftigt sich derzeit mit der einer Vergewaltigung einer Bewerberin und der sexuellen Nötigung einer Künstlerin.
Sieht das Gericht diese Taten als erwiesen an, wandert der Ex-Präsident wohl ins Gefängnis. Zudem hat er dienstrechtliche Verfahren zu befürchten. In der aktuellen Ausgabe des Spiegel werden weitere Vorwürfe laut. Sie gelten einem Kompositionsprofessor der gleichen Hochschule, der wegen seines Unterrichts von vielen Studierenden geschätzt wurde, über dessen ausschweifendes Sexualleben aber auch schon lange Gerüchte im Umlauf sind.
Laut Spiegel soll der Professor zu Hause in seinem Schlafzimmer unterrichtet haben, während eine Freundin des Professors den Studenten oral stimulierte. Der Professor arbeitete währenddessen an einer Oper über Franz Kafka. Das Nachrichtenmagazin hat ihn zu diesen Vorfällen befragt.
Münchner Hochschul-Professor: "Tabulose Offenheit"
Der Student habe jederzeit gehen können, wird die damalige Freundin und heutige Frau des Professors zitiert. Er führe ein Leben wie der Dichter Heinrich von Kleist, habe "tabulose Offenheit" praktiziert, sei ständig auf der Suche nach dem Kick, sagt er selbst, im Bett wie beim Autofahren.
Da kann man nur hoffen, dass einen der Professor nicht beim Komponieren auf der Suche nach dem Kick über den Haufen fährt. Laut Spiegel hat er seinen männlichen Studenten im Bedarfsfall erste homosexuelle Erfahrungen gewährt. Mit einer Studentin, die er in seinem Haushalt aufnahm, zeugte er ein Kind.
"Irritierend ist ein Stundenplan", heißt es im Spiegel: "Die Studentin hatte notiert, wie oft und wann sie etwa mit ihrem Professor in der Woche Sex haben sollte und wann andere Sexualpartner dazukommen würden. Daneben waren die Stunden für die Hausarbeit notiert."
Münchner Hochschul-Professor: Anklage wegen Vergewaltigung
Der Professor sieht sich als Mobbing-Opfer eines Konkurrenten und vermutet eine Intrige wegen seiner konservativen Haltung. Die vom Spiegel recherchierten Geschichten sind überwiegend strafrechtlich nicht relevant, allerdings liegen gegen den Professor auch Anklagen wegen Vergewaltigung vor. Das Landgericht München hat noch nicht entschieden, ob ein Verfahren eröffnet wird.
Im Zuge der Ermittlungen wurde das Haus des Professors 2015 polizeilich durchsucht, wobei Medikamente und Drogen gefunden wurde, darunter 5,1 Gramm eines Kokaingemischs. Der Professor sagt, diese Mittel hätten ihm beim Komponieren geholfen. Er verweist auf Schriftsteller wie Aldous Huxley und Gottfried Benn, die nur unter Drogen Geniales vollbracht hätten.
Die Leitung der Hochschule wollte gegenüber dem Spiegel nicht Stellung nehmen. Sie dürfte den Standpunkt vertreten, es handle sich um individuelle Verfehlungen und nicht um ein strukturelles Problem. Diese Position könnte nun ins Wanken geraten.
An einer Musikhochschule ist die Abhängigkeit der Studenten von ihren Lehrern besonders groß. Körperliche Kontakte sind unvermeidlich. Aber es scheint, als sei die Leitung der Hochschule der Verantwortung, die sich daraus ergibt, nicht völlig gewachsen.
Dem Spiegel liegt eine bisher unveröffentlichte interne Erhebung vor. Demnach haben 115 von rund 800 befragten Hochschulangehörigen während ihrer Zeit an der Münchner Hochschule "anzügliche Bemerkungen" gehört. 56 nahmen "anzügliche Gesten" wahr, 34 gaben zu Protokoll, "angegrapscht oder absichtlich berührt" worden zu sein. Neun Befragte berichteten, ihnen seien Genitalien gezeigt worden.
Acht sagten aus, zu sexuellen Handlungen gezwungen worden zu sein. Sieben wurden Nachteile angedroht, weil sie einen Annäherungsversuch abgelehnt hatten. Auch eine Vergewaltigung wurde gemeldet. Der Ruf der Musikhochschule ist seit dem ersten Prozess gegen den Ex-Präsidenten angeschlagen. Nun droht er nachhaltig beschädigt zu sein - wenn er überhaupt zu retten ist.
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