Hier wird das tote Baby von Haar bestattet

Dienstag wird der tote Säugling auf dem Waldfriedhof in Haar begraben. Die Mutter Alexandra S. und ihre beiden anderen Kinder werden nicht dabei sein. Die 38-Jährige sitzt in U-Haft, die Geschwister kamen bei Freunden und Verwandten unter.
von  Abendzeitung
Kindergräber im Waldfriedhof in Haar: Am Dienstag wird hier der Säugling begraben.
Kindergräber im Waldfriedhof in Haar: Am Dienstag wird hier der Säugling begraben. © Sigi Müller

HAAR/MÜNCHEN - Dienstag wird der tote Säugling auf dem Waldfriedhof in Haar begraben. Die Mutter Alexandra S. und ihre beiden anderen Kinder werden nicht dabei sein. Die 38-Jährige sitzt in U-Haft, die Geschwister kamen bei Freunden und Verwandten unter.

Am Fuße der hohen Birken wird er seine letzte Ruhe finden: Der tote Säugling aus Haar. Nächsten Dienstag um 10 Uhr werden seine sterblichen Überreste im Waldfriedhof des Ortes bestattet – „das ist so üblich“, sagt der Friedhofsverwalter der Gemeinde. Die übernimmt auch die Kosten für die Zeremonie. Der Pfarrer des Ortes, Johann Schweiger, wird inmitten weiterer Kindergräber im „Birkenhain“ die letzten Worte sprechen.

Die Bestattung findet nur 400 Meter entfernt vom achtstöckigen Wohnblock am Jagdfeldring statt – dort, wo die Mutter das Baby Anfang des Jahres sterben ließ (AZ berichtete). Alexandra S. (38) gebar es am 5. Januar in der Badewanne ihrer Wohnung in der dritten Etage. Allein, ohne Ärzte, ohne Hebamme. Die krebskranke Frau wollte ihr drittes Kind, das sie mit dem Schüler Martin S. (19) aus Haar gezeugt hatte, nicht aufziehen – also überließ sie es seinem Schicksal.

Nach ein oder zwei Tagen steckte die arbeitslose Einzelhandelskauffrau die kleine Leiche in eine Plastiktüte und legte es auf den grauen, schmutzigen Balkon. Vor rund drei Wochen räumten Bekannte den Balkon auf und fanden das Kind. Sie log: Alles sei in Ordnung, die Polizei wisse davon. Sie habe nichts damit zu tun. Sie legte die Tüte mit ihrem toten Sohn in einen Schrank und sperrte versperrte das Zimmer.

Der Horror in Haar - haben die Kinder alles mitbekommen?

Erst am Dienstag fanden Beamte der Mordkommission die stark verweste Leiche. Sie hatten einen Tipp bekommen. Alexandra S. gestand die Tat, sie sitzt in U-Haft. Sie wird wohl wegen Totschlags angeklagt, ihr drohen fünf bis fünfzehn Jahre Haft.

Blieb dieser Horror wenigstens den Kindern von Alexandra S. verborgen? Ihr Sohn (17) und ihre Tochter (7) wohnten zu dieser Zeit „zum Teil“ in der Wohnung, sagt die Sprecherin des Kreisjugendamts. Die Leiterin der Abteilung Jugend, Schulen und Kultur, Angela Wendland, sagt der AZ: Gerade der Sohn sei „fast erwachsen. Er könnte schon seine eigenen Wege gehen“. Ob sie in der Wohnung waren, als die Polizei kam, sagte Wendland nicht. Das Jugendamt wurde am Mittwoch benachrichtigt und nahm die Geschwister auf. Sie wohnen jetzt bei Freunden und Verwandten.

Das Jugendamt wusste nichts, dass Alexandra S. schwanger war

Ob sie psychologische Hilfe brauchen, ist unklar. „Wir versuchen es natürlich“, sagt Wendland. Gleichzeitig suche das Jugendamt ihren Vater – und auch nach weiteren Verwandten wie den Großeltern. Ob der Bub und das Mädchen zu ihnen kommen, müsse das Amt erst „eruieren“, sagt Angela Wendland.

Hatte das Jugendamt denn vor dem Drama Kontakt zu Alexandra S.? Sie war alleinerziehend, oft arbeitslos – und ab Anfang 2008 schwanger. „Das kann ich Ihnen nicht sagen, das fällt unter dem persönlichen Datenschutz der Familie“, sagt Wendland. Von der Schwangerschaft wusste das Kreisjugendamt allerdings nichts: „Sie redete ja nicht darüber.“

Thomas Gautier

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