Hier trainieren Münchner für den Notfall
In einem ausrangierten S-Bahn-Waggon geben Experten Ratschläge, wie sich Menschen am besten verhalten, wenn jemand bedroht oder belästigt wird.
München - Dominik Brunner konnte nicht wegschauen. Als er 2009 am S-Bahnhof Solln vier Kinder vor zwei gewalttätigen Jugendlichen schützen wollte, bezahlte er seinen Mut mit dem Leben.
Selten hat ein Fall von Zivilcourage so viel Aufsehen erregt wie der des Münchner Managers. Für Andreas Nagel von der Aktion „Münchner Fahrgäste“ war das der Anlass, ein „Verhaltenstraining für Fahrgäste“ zu schaffen – und gemeinsam mit der Polizei einen Zivilcourage-Kurs ins Leben zu rufen. Gestern zog Nagel gemeinsam mit OB Christian Ude, dem Schirmherrn der Aktion, Zwischenbilanz.
Schon 24 Kurse haben seit Brunners Tod stattgefunden, 452 Münchner wurden bei den Trainings im Verkehrszentrum des Deutschen Museums vorbereitet auf den Fall, den niemand erleben mag. Ude: „Zivilcourage zu zeigen, wird leichter, wenn man weiß, was man tun kann.“
Wie es sich anfühlt, wenn in der S-Bahn gepöbelt oder gegrapscht wird, konnte erst gestern wieder ein Dutzend Kursteilnehmer am eigenen Leib erfahren. Zusammen mit zwei Bundes- und zwei Münchner Polizisten probten sie im Verkehrszentrum an der Theresienhöhe den Ernstfall.
Dort, in einem ehemaligen S-Bahn-Waggon, spielten sich Gewalt-Szenen wie diese ab: Trainingsleiter und Bundespolizist Mike Kaufmann (34) grapscht Kursteilnehmerin Astrid Lauber an den Po. Wie soll die 68-Jährige darauf reagieren? Hier lernt sie: Sie darf im Notfall schreien.
„Manchmal genügen auch schon klare Ansagen“, erklärt Christian Magiera von der Polizei in Laim während des Trainings. „Was erlauben Sie sich, mir an den Hintern zu fassen“, sei etwa eine solche Ansage. So etwas sollte man laut sagen, aber möglichst aggressionslos. Hauptsache, die anderen Menschen um einen herum seien gewarnt und aufmerksam gemacht: Diese Frau wird bedroht – und sie scheint den Fremden nicht zu kennen.
Hier einige Hinweise, was Experten raten, wenn jemand bedrängt oder bedroht wird:
- Machen Sie nur etwas, das Sie sich selbst zutrauen.
- Treffen Sie eine bewusste Entscheidung: Will ich helfen oder nicht?
- Entscheiden Sie, ob Sie allein helfen wollen oder mitHilfe von anderen Menschen in der nahen Umgebung.
- Wer Helfer sucht, muss diese direkt ansprechen, etwa so: „Sie, der Herr in dem roten Pullover, informieren Sie den Busfahrer!“
- Einer in der Gruppe sollte das Kommando übernehmen. Waffen wie Sirenen oder kleine Stinkbombem helfen. Auch eine Trillerpfeife alarmiert.