Wenn die Stadt selbst zur Kunst wird: Hier kann man Münchens schönste Street-Art sehen

Ein eigenes Radl ist Bedingung. Einen Helm empfiehlt Stephanie Utz. Denn Neu-Münchner, Leute aus dem Landkreis oder Touris aus Frankreich oder Frankfurt, erschrecken oft vor den Radlermassen an der Isar, sagt die Leiterin des MUCA-Museums.
Am charmanten Kiosk "Fräulein Grüneis" im Englischen Garten startet ihre dreistündige Fahrrad-Tour. 18 Urban-Art-Enthusiasten radeln (brav hintereinander in einer Schlange) zum Friedensengel. Loomits Graffiti-Galerie hier ist gut beleuchtet.
Die komplett besprühte Unterführung beeindruckt durch die schiere Größe. Selbst Münchner kennen diesen versteckten Urban-Art-Ort oft nicht. Zu Fuchs und Melone kommen ab und zu Motive dazu. Neu ist das Stencil (Schablonenbild) von einem schwarzen Katzenkopf.
Radtour durch das bunte München – Graffitis, Pixelkunst und Stencils mitten in der Stadt
An der Isar entlang geht es zum Müller’schen Volksbad. Vorbei an den bunten Wänden vom Muffatbiergarten, an denen sich Künstler ausdrücken durften. Teils wächst schon Grün über ihre Motive.
Überraschung: Die französische Street-Art-Legende "Invader" hat sich in vier Metern Höhe an der Fassade des Müller'schen Volksbads mit Pixelkunst verewigt. Ein Mini-Monster aus Kacheln (Foto) grinst auf die Radler-Gruppe hinunter. Es ist eins von 18 Keramikmosaiken, die Invader, wie über Nacht, als kleine Hingucker in München hinterlassen hat.
Die Farben knallen, auch ein Kühlschrank ist besprüht
Die Urban-Art-Schnitzeljagd geht entlang der Isar weiter zur bekannten Brückengalerie am Candidplatz. Highlight für viele Teilnehmer ist eine Säule mit der zum Victoryzeichen gehobenen Faust, auf der anderen Seite der Säule schließt sich die Faust. Der deutsche Graffiti-Künstler Case Maclaim, "einer der Großen", wie Utz sagt, hat das Fassadengemälde in Giesing gekonnt gestaltet. Nach zehn weiteren Radl-Minuten sind die riesigen Backsteinwände des alten Viehhofs in Sicht.
An den Übungsmauern ist "Action". 2025 haben sich an der "Hall of Fame" an der Tumblingerstraße neue Könner verwirklicht: Die Farben knallen, auch ein Kühlschrank ist besprüht. End- und Höhepunkt der Tour ist die aktuelle "Vhils"-Ausstellung im MUCA-Museum, Hotterstraße 12.
Nächste Tour am 4. September, 16 Uhr, 40 Euro, www. muca.eu
Münchner Szene-Tipp: Graffiti-Bingo an der Stammstrecke
Es gibt junge Leute, die finden, dass die Münchner Stammstrecke ein "Streetart-Paradies" ist. Entlang der Gleise, zwischen Hauptbahnhof und Pasing, gibt es jedenfalls eine Menge Sprayer-Werke zu sehen. Legal sind die knalligen Schriftzüge nicht. Doch sie sind – bunt und großflächig – trotzdem für jeden sichtbar. Drei Schüler der städtischen Designschule haben ein Auge für diese Straßenkunst.

Nach dem Motto "Mach deinen Heimweg bunter" haben Florentina Ott, Simona Hirtreiter und Karl Steinburg ein Graffiti-Bingo entwickelt: für MVV-Fahrgäste der Deutschen Bahn. Sie haben 25 Bilder an der Stammstrecke fotografiert und die Graffitis auf Flyer gedruckt. Ihre Idee: Das Graffiti-Bingo soll inspirieren, in der S-Bahn nicht mit gebeugtem Nacken starr aufs Handy zu blicken. Sondern aus den Fenstern die Schriftzüge an Mauern wahrzunehmen.
Karl Steinburg: "Graffiti ist eine Kunst zum Wiedererkennen"
"Graffiti ist eine Kunst zum Wiedererkennen. Ich finde es anregend, wie beim Bingo die künstlerischen Schriftzüge auf dem Flyer anzukreuzen", sagt Karl Steinburg. Ziel des Spiels ist also, die Aufmerksamkeit der Menschen zurück zu ihrer "echten Umgebung" zu lenken: "Vielleicht sorgt das Bingo für einen offenen Blick in andere Gesichter und für eine nettere Stimmung bei der S-Bahn-Fahrt", so das Team. Digital ist das Graffiti-Bingo über Instagram zu spielen: @mehr_liebe_in_den_oeffis. Irene Kleber