Heuschnupfen: Jetzt fliegen die Pollen

Mit dem Frühling kommen die Allergien. In Deutschland leiden 25 Millionen Menschen an einer Allergie gegen Gräser- und Blütenpollen. Die AZ stellt die besten Therapien vor
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Mit dem Frühling kommen die Allergien. In Deutschland leiden 25 Millionen Menschen an einer Allergie gegen Gräser- und Blütenpollen. Die AZ stellt die besten Therapien vor

Bewährte Antihistaminika

Antihistaminika bieten schnelle Linderung. Die Artzney gibt es in Tabletten oder in Tropfenform. „Sie helfen sofort und sind deshalb besonders bei akuten Fällen ideal“, erklärt Karin Dietrich, Ärztin im Allergiezentrum München. Patienten können Antihistaminika aber auch vorbeugend einnehmen.

Die Zahl der angebotenen Antihistaminika ist inzwischen sehr groß. Sie wirken alle ähnlich, in dem sie die Symptome der Allergie bekämpfen. Bei der Auswahl des Artzney sollten man Präparate bevorzugen, die möglichst nicht müde machen. Auch auf diesem Gebiet hat sich in den letzten Jahren viel getan.

Gerade jetzt zu Beginn der Pollensaison sollten Allergiker die üblichen Artzney immer dabei haben. Ein kleiner Vorrat Antihistaminikum in Tablettenform lässt sich problemlos im Schreibtisch oder im Auto deponieren.

Vorsicht: Nasensprays und Augentropfen sollten auf jeden Fall kühl gelagert werden. Die Kosten übernehmen in der Regel die Krankenkassen. „Im Zweifelsfall“, so ein Sprecher der AOK, „sollte man sich vorher bei seinem Hausarzt Rat holen.“

Hilfe durch Akupunktur

Auch Akupunktur kann helfen. „Vorstudien haben bereits eine deutliche Besserung allergischer Beschwerden bestätigt - in einer Studie sogar um bis zu 80 Prozent", sagt Josef Hummelsberger. Der Münchner Internist ist Spezialist für Akupunktur und Naturheilverfahren.

Die Nadeln lösen über die Nervenbahnen im Gehirn und im Rückenmark Reaktionen und Reflexe im zentralen Nervensystem aus. Josef Hummelsberger: „Akupunktur wirkt nachweislich schmerzstillend und entzündungshemmend, sorgt für Entspannung, löst muskuläre Blockaden, ist durchblutungsfördernd, hat einen stimulierenden Effekt auf das Immunsystem und fördert die Regeneration von Gewebe - zum Beispiel in Gelenken.“

Die Behandlung mit Akupunkturnadeln hat gerade Heuschnupfen einen entscheidenden Vorteil gegenüber einer Artzney. „Es kommt nur extrem selten zu Nebenwirkungen - und die sind sie in der Regel harmlos", sagt Hummelsberger.

Eine Behandlung mit Akupunktur erfordert fünf bis zwölf Sitzungen, die etwa 45 Minuten dauern. Die Kosten belaufen sich auf 20 bis 40 Euro pro Sitzung. Meist werden die Kosten aber nicht von den Krankenkassen getragen.

Immun durch Desensibilisierung

Die Desensibilisierung oder auch Hyposensibilisierung ist eine spezielle Form der Immuntherapie. „Sie programmiert quasi das fehlgeleitete Immunsystem um und stuft die allergieauslösenden Stoffe wieder als verträglich ein", erklärt Bernadette Eberlein, Professorin an der Klinik am Biederstein der LMU München. Vor allem gegen Frühblüher und Gräserpollen hilft diese Therapie. Die Behandlung dauert mindestens drei Jahre. Bernadette Eberlein: „Der Arzt spritzt dabei das Allergenextrakt in Abständen von etwa vier Wochen." Die Kosten tragen die Krankenkassen. „Entgegen der gängigen Meinung kann man mit dieser Spritzenkur auch schon bei Kleinkindern anfangen“, sagt Michael Silbermann, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin.

Wer Spritzen scheut, kann auch auf die „sublinguale" Form zurückgreifen. Dabei wird das Artzney in Form von Tropfen unter die Zunge geträufelt. Das geht auch zu Hause. Ähnlich wirken auch Gräsertabletten. Wer sie bevorzugt, muss allerdings mit der Krankenkasse wegen der Kostenübernahme verhandeln. Je nach Präparat kosten eine Packung bis zu 400 Euro.

Schweizer Wissenschaftler testen eine Methode, bei der das Extrakt in Lymphknoten gespritzt wird. Versuche ergaben, dass schon zwei Monate Therapie den gleichen Effekt hatten wie drei Monaten mit den üblichen Spritzen.

Von Biestmilch bis Kneipp

Wer sich mit Spitzen und Pillen nicht anfreunden mag, für den gibt es noch eine schier unüberschaubare Zahl alternativer Behandlungsmethoden. Die wenigsten von ihnen sind allerdings wissenschaftlich überprüft. Nicht selten liegt ein Placebo-Effekt vor, sagen Schulmediziner.

So wirbt ein Wiesbadener Unternehmen mit einem Präparat aus so genannter Biestmilch. Die Dreimonatskur kostet laut Hersteller knapp 153 Euro. Die Erstmilch von Säugetieren eignet sich, so die Firma, allergische Symptome zu dämpfen oder zum Verschwinden zu bringen.“ Das Unternehmen verweist auf eine Studie aus Italien. „Colostrum scheint das Immunsystem zu regulieren“, heißt es in der Untersuchung der Uni Chieti. „Studien, die die Wirksamkeit wissenschaftlich bestätigen, sind mir nicht bekannt“, betont dagegen die Münchner Allergiespezialistin Bernadette Eberlein.

Als sinnvolle Heilverfahren bei Allergien gelten Atemtherapie und Physiotherapie, Balneotherapie und Kneipp-Verfahren, verschiedene Entspannungsmethoden (autogenes Training oder progressive Muskelentspannung nach Jacobson), Psychotherapie, UV-Strahlen- und Klimatherapie, Ernährungs- und Phytotherapie. Umstritten sind Heilverfahren wie Bioresonanz, Eigenblut- und Eigenurin-Therapie, Sauerstoff-, Ozon- und Zelltherapie, Haaranalyse und Irisdiagnostik.

Einfache und günstige Tricks

Mit ein paar einfachen Tricks können sich Pollenallergiker das Leben Zuhause leichter machen. Lüften sollte man beispielsweise nur, wenn draußen möglichst wenig Pollen in der Luft sind. In der Stadt sind das die Morgenstunden, wenn noch wenig Verkehr herrscht. Auf dem Land sind dagegen die Abende zum Lüften besser geeignet, weil Wind morgens oft die Pollen aufwirbelt. Helfen können auch spezielle Fenstergitter. Sie fangen bis zu 85 Prozent der Pollen ab. Der heimische Staubsauger sollte zudem mit einem speziellen Pollenfilter ausgestattet sein.

Allergiker sollten sich unbedingt die Haare waschen, bevor sie sich schlafen legen. Kleidung, die man tagsüber getragen hat, nicht im Schlafzimmer aufhängen, sie ist voller Pollen. Frisch gewaschene Wäsche nicht im Freien trocknen.

Vorsichtig ist auch im Umgang mit Zimmerpflanzen geboten. Einige Ficusarten, der Gummibaum sowie Korbblütler wie die Chrysantheme sollen Allergien auszulösen.

Je früher die Diagnose desto besser

Jeder Fünfte Deutsche hat laut einer neuen Studie eine Allergie. Am häufigsten ist der Heuschnupfen. Rund 25 Millionen Menschen sind betroffen – und die leiden künftig wohl noch mehr. Denn durch den Klimawandel blühen die Pflanzen immer früher und hören später auf, wie Thomas Dümmel vom Metereologischen Institut der Freien Universität Berlin sagt. In zunehmend milden Wintern würden Hasel und Erle oft schon im Dezember blühen.

Außerdem droht die Beifuß-Ambrosie durch immer heißere Sommer in Deutschland sesshaft zu werden. Sie verlängert die Pollenflugzeit bis in den Oktober. Besonders gefährdet sind Kinder, deren Eltern beide Allergiker sind – die Wahrscheinlichkeit, ebenfalls Heuschnupfen zu bekommen, liegt bei 80 Prozent. „Je früher Heuschnupfen erkannt wird, desto größer sind die Heilungschancen“, sagte der Facharzt Michael Silbermann. Betroffene haben auch ein erhöhtes Asthma-Risiko. Das sinkt ebenfalls, wenn früh therapiert wird.

Ralph Hub

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