Herzflimmern auf dem Alten Nordfriedhof
In dieser AZ-Serie schildern Münchner ihre erotischen Freiluft-Abenteuer. Diesmal berichtet Angela (52) von einem Liebesplatz, an dem man/frau sich auch mal gruseln kann.
Angela (52) trägt die Haare hochgesteckt, sie wirkt jünger als sie ist mit ihrer dunklen Sonnenbrille und den hochgesteckten schwarzen Haaren. Sie ist 17 Jahre verheiratet, seit einem Jahr trifft sie ihren Liebhaber, einen jungen Familienvater – heimlich. Und oft im Freien.
Ein Ort, an den sich die Münchner Reiseverkehrskauffrau gern erinnert, ist der Alte Nördliche Friedhof in Schwabing. Ein Nachmittag im Mai. Sie hatten sich beide von zu Hause weggeschlichen. Endlich anfassen wollten sie sich, ohne Zeugen.
AZ: Angela, ist das schlechte Gewissen kleiner, wenn man sich draußen mit seinem Liebhaber liebt – und nicht im ehelichen Schlafzimmer?
ANGELA: Natürlich! Im Ehebett, wenn mein Mann nicht zu Hause ist? Das geht gar nicht. Ein Hotelzimmer muss man sich auch leisten können. Und im Auto ist es mir zu ungemütlich, da bekomme ich inzwischen jedes Mal Wadenkrämpfe.
War es am Friedhof denn bequemer?
Zwischen den Grabsteinen hätte ich mich nicht in die Wiese legen wollen – ich will die, die da liegen, ja nicht stören. Aber mein Freund hat mich an der Hand zur hintersten Friedhofsmauer geführt. Die ist aus altem, verwitterten Backstein und viele Meter hoch. Und dort wächst viel Gebüsch, man kann sich da im Stehen lieben.
Gehen da nicht auch Menschen spazieren?
Schon. Aber nicht immer und nicht überall. Wenn man eine Ecke sucht, um für ein paar Momente allein zu sein, findet man die auch. Vor allem am frühen Abend ist wirklich nicht mehr viel los.
Haben Sie alle Kleider einfach abgelegt?
Nein, wir hatten uns ja auf dem Weg dorthin schon viel geküsst und angefasst und waren ganz berauscht voneinander. In dem versteckten Eck wollten wir uns nur noch ganz schnell spüren. Das geht ja leicht, wenn eine Frau einen Rock anhat.
Was haben Sie beim Sex gefühlt, im Schatten der alten Grabsteine?
Normalerweise grusle ich mich schnell. Aber mit meinem Freund in den Armen hatte ich überhaupt keine Angst. Der Alte Nördliche Friedhof ist sehr romantisch, wer tagsüber da spazieren geht, der weiß das. Trotzdem hatte ich beim Sex eine irre Gänsehaut. Mein Herz hat gerast vor Aufregung, ich dachte, es zerspringt, und alles hat sich gedreht.
Sind Sie bis zum Ende ungestört geblieben?
Das schon. Aber mittendrin bekam ich einen total verrückten Lachanfall. Ich habe mich gefühlt wie mit 16, übermütig, albern, einfach wahnsinnig jung. Genau wie damals, als ich Angst hatte, dass meine Mutter gleich in mein Zimmer reinplatzt und mich im Bett mit meinem Freund erwischt.
Dabei haben doch wohl eher die Friedhofsgeister zugeschaut, oder?
Ach! Die meisten Toten, die da liegen, haben doch in ihrem Leben Sex kennen gelernt und bestimmt Spaß dabei gehabt. Irgendwie denke ich: Wenn sie uns zugeschaut haben sollten, haben sie sich bestimmt daran Freude, so viel Lebensfreude mitzubekommen. Und eins stimmt doch: Wenn man den Tod vor Augen hat, lebt man intensiver und traut sich viel mehr.
Würden Sie sich die Art Freiluft-Liebe mit jedem Mann trauen? Mit Ihrem Ehemann zum Beispiel auch?
Nein, sicher nicht. Das kann man nur mit einem Mann machen, der sich richtig gehen lassen kann. Der verwegen genug, ist, Anstandsgrenzen zu sprengen. Der sich traut, ein Risiko einzugehen – denn riskant ist es ja doch immer. Und den man gerade rasend sexy findet. Diese Art Sex ist nicht für den Alltag.
Wo hätten Sie noch gerne Sex?
Manchmal denke ich an Sex nachts im Museum – in der Glyptothek am Königsplatz zum Beispiel, mitten unter all den griechischen Marmor-Götterstatuen. Oder ganz oben auf dem Alten Peter, mit Blick auf die Münchner Altstadt. Ich kann die ganzen Menschen sehen – aber sie mich nicht. Das ist ein erregender Gedanke.
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