Herr Nachbar, ich klage!

„Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“ Schillers Satz ist in München nie wahrer gewesen als heute. Denn die Nachbarschaftsstreitigkeiten nehmen seit Jahren zu. Balkone, Grillpartys, Kinderlärm - worüber sich die Münchner zoffen.
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MÜNCHEN - „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“ Schillers Satz ist in München nie wahrer gewesen als heute. Denn die Nachbarschaftsstreitigkeiten nehmen seit Jahren zu. Balkone, Grillpartys, Kinderlärm - worüber sich die Münchner zoffen.

„Die Leute sind tendenziell aggressiver und klagen schneller“, heißt es beim Münchner Verwaltungsgericht. Eine konkrete Statistik gibt es dort den Angaben nach zwar nicht, aber die Tendenz ist eindeutig.

Die Münchner nähmen kein Blatt mehr vor den Mund, wenn sie sich in ihrer Bierruhe gestört fühlten. „Es gibt eine geringere Hemmschwelle zu sagen, dass einen zum Beispiel Kinderlärm stört“, sagt Dietmar Wolff vom Verwaltungsgericht.

Warum kriegen sich Nachbarn immer wieder in die Wolle? Hier die Krach-Klassiker der Münchner Gerichte:

Balkone:

Wenn an älteren Wohnblöcken nachträglich Balkone angebracht werden, ist der nachbarschaftliche Frieden schnell in Gefahr. „Die Nachbarn wehren sich dagegen meist mit dem Argument, dass man von den neuen Balkonen auf ihren eigenen blicken könnte“, heißt es beim Verwaltungsgericht. Im Klartext: Die Kläger haben zwar selbst einen Balkon – gönnen aber ihren Nachbarn keinen.

Aufzüge:

Für regelmäßigen Ärger sorgen auch nachträglich angebrachte Außen-Aufzüge. Die Stadt ist bei deren Genehmigung großzügig – vor allem wenn alte Wohnhäuser modernisiert und behindertengerecht ausgestattet werden. Weniger großzügig sind dagegen die Nachbarn. Sie klagen, weil die Sonne zu stark im verglasten Lift reflektiert. Oder der Hinterhof dadurch kleiner wird.

Kinderlärm:

Ein Kindergarten in der Nachbarschaft? Für viele Münchner ist das ein Graus. Erst gestern wies das Verwaltungsgericht wieder eine Klage gegen eine Montessori-Einrichtung in Bogenhausen zurück.

Garagen:

Diese dürfen laut Baurecht ohne Einhaltung von Abstandsflächen an der gemeinsamen Grundstücksfläche errichtet werden. Ein Skandal für viele Nachbarn: zu laut. Zu stinkig. Klage.

Bäume:

Wurzeln, die auch vor dem Nachbargrundstück keinen Halt machen? Unverschämtheit! Immer wieder muss sich das Amtsgericht mit solchen Baum-Streitereien herumschlagen.

Grillen:

Ein echter Klassiker unter den Münchner Nachbarschafts-Streitigkeiten. Die Brutzelei auf Balkon oder Terrasse hat nicht selten ein gerichtliches Nachspiel. Erst kürzlich bestätigte das Amtsgericht: Der Grillspaß ist erlaubt, wenn er die Nachbarn nur unwesentlich beeinträchtigt.

Julia Lenders

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