Herr Buchner ist der Albtraum aller Fälscher

Die größte Sammlung mit „Schreibmitteln“ Europas befindet sich im Münchner Landeskriminalamt. Sie hilft dabei, Betrügereien aufzudecken.
Er ist Herr der größten Schreibmittel-Sammlung Europas. In seinen Labors hortet er Farbstoffe, wie sie in Kulis, Filzstiften und Füllern, aber auch in Druckerpatronen und Tonern stecken. Rund 7000 Sorten sind es – archiviert seit 1952. Für Urkundenfälscher ist seine Sammlung ein Albtraum. Denn Hans Buchner ist Kriminaltechniker des Bayerischen Landeskriminalamtes (LKA): Betrügereien auf Dokumenten, die mit bloßem Auge nie zu entlarven wären, kann Buchner dank der Sammlung aufdecken helfen. Denn wer einmal schreibt, dessen Spur bleibt.
Nur der Secret Service hat noch mehr gesammelt
Kollegen aus ganz Deutschland bitten Buchner per Amtshilfegesuch oft um Rat. Kein zweites LKA hat auch nur annähernd einen ähnlichen Fundus. „Unsere Sammlung ist sogar die zweitgrößte der Welt“, sagt der LKA-Chemiker. „Eine umfangreichere hat nur der Secret Service in den USA.“
Etwa 200 Fälle bearbeitet der 51-Jährige pro Jahr. Wie stark seine Arbeit zur Klärung von Fällen beiträgt, erfährt der Wissenschaftler in der Regel nicht. Er liefert nur Analysen – der Rest ist Sache der Gerichte. Oft hängen Buchners Untersuchungen jedoch mit Insolvenzen zusammen. Wenn es um die Bedienung der Gläubiger geht, werde nämlich nicht selten betrogen, was das Zeug hält. Da übereigneten Schuldner schon einmal im Bekannten- oder Familienkreis noch schnell einen wertvollen Gegenstand, damit er für die Gläubiger nicht versilbert werden kann. Den Verträgen geben sie natürlich ein falsches Datum, das weit zurückliegt. Dann ist Buchner gefragt.
Er behandelt das beschriebene Dokument mit Lösungsmittel, um den Farbstoff vom Papier zu trennen. Dann kann die eigentliche chemische Analyse beginnen. Am Ende entsteht für jeden Farbstoff ein charakteristisches Bild, ähnlich einem Fingerabdruck.
Der Chemiker kann nachträgliche Veränderungen an Verträgen feststellen
„Die einzelnen Bestandteile altern unterschiedlich, wenn sie auf dem Papier aufgetragen sind“, sagt Buchner. So lässt sich herausfinden, ob ein Vertrag wirklich so alt ist, wie ihn das notierte Datum ausweist. Aber auch nachträgliche Änderungen sind so nachweisbar – etwa ein paar Nullen mehr auf der Rechnung.
Angebliche Autogrammkarten von Presley wurden als Fälschung entlarvt
Wie sich die einzelnen Stoffe beim Altern verhalten, kann Buchner in einer Art Bibliothek nachschlagen. Sie besteht aus Schränken mit Mustern tausender Farbanalysen. Auch das Gesamtalter – und damit das Herstellungsdatum – kann ermittelt werden. „Es gab da mal diese Sache mit den Autogrammkarten von Elvis Presley“, erinnert sich Buchner. „Die hat einer auf dem Flohmarkt teuer verkauft. Der Käufer hatte dann später doch Zweifel an der Echtheit.“ Der Kriminaltechniker fand heraus: Presleys angebliche Unterschrift war mit einem Stift aufgetragen, dessen Farbstoff erst nach dem Tod des „King of Rock 'n' Roll“ produziert wurde.
Für diese Erfolge muss Buchner die Sammlung aktuell halten. Daher besucht er jedes Jahr die „Paperworld“ in Frankfurt am Main. Bei dieser Bürobedarfs-Messe zeigen rund 2500 Aussteller aus aller Welt, was es Neues gibt – ein Schlaraffenland für den Kriminaltechniker.
Heiko Lossie