Helios-Klinik in München-Pasing: Patient läuft nachts in Unterhose heim

Helios Klinikum in Pasing: Ein Patient läuft nachts in Unterhose heim – statt Schuhe trägt er nur blaue OP-Überzieher. Das Krankenhaus weist die Verantwortung von sich. "Wer gehen will, kann gehen".
Eva von Steinburg |
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Im Helios Klinikum in Pasing ist man sich keiner Schuld bewusst – die Familie C. hingegen erhebt schwere Vorwürfe gegen das Personal.
RBR, AZ Im Helios Klinikum in Pasing ist man sich keiner Schuld bewusst – die Familie C. hingegen erhebt schwere Vorwürfe gegen das Personal.

München - Angelika C. denkt, sie sieht nicht richtig: Sieben Stunden zuvor war ihr Mann Ridha vom Notarzt in das Pasinger Helios Klinikum gebracht worden – gegen 4 Uhr früh klingelt es aber. Ihr Mann steht halbnackt und allein vor der Wohnungstür: Ridha C. (54) hat nur seine schwarze Boxershorts an. Er ist barfuß in blauen OP-Überziehern aus dünnem Plastik.

Eingewickelt ist er in eine Isolierfolie aus einem Notarztwagen. So ist er zwölf Minuten durch Pasing heimgelaufen, vom Krankenhaus im Steinerweg 5 in seine Wohnung in der Weinbergerstraße. Auf seiner Brust – und auf dem Rücken – kleben sogar noch die weißen runden Aufkleber vom EKG. Die Familie ist schockiert: "Das Krankenhaus hat unsere Telefonnummer. Wie kann die Ärztin meinen Mann nur in Unterhose gehen lassen, ohne uns zu informieren?"

"Die haben mich einfach liegen gelassen"

Der ungewöhnliche Vorfall geschah so: Um 3:30 Uhr nachts lag der Tunesier Ridha C. – nach einem körperlichen Zusammenbruch mit starken Brustschmerzen – immer noch auf der Pritsche in der Notaufnahme des Helios Klinikums München West in Pasing: "Ich habe kein Bett bekommen. Meine Infusion war leer. Niemand hat sich darum gekümmert. Die haben mich einfach liegenlassen!", wirft der gelernte Sozialarbeiter dem Personal vor.

Der Patient wollte plötzlich unbedingt nach Hause. Mitten in der Nacht und ohne Kleidung. Um entlassen zu werden, behauptete er allerdings trickreich, er wohne nur 300 Meter weg und er würde seine Frau anrufen. So bekam er im Morgengrauen seinen ärztlichen Entlassungsbrief. Ob er wirklich abgeholt würde? Niemand kontrolliert das. "Da der Notarzt meinem Mann das starke Beruhigungsmittel Fentanyl gespritzt hat, kann es sein, dass er verwirrt war", beschwert sich jetzt die Ehefrau Angelika C.

Das Klinikum rechtfertigt das Vorgehen

Marten Scheibel, Sprecher der Helios Kliniken GmbH, rechtfertigt das Handeln der Mediziner: "Wer gehen will, kann gehen, sonst wäre das Freiheitsberaubung. In der Notaufnahme können Sie zu jeder Tages- und Nachtzeit sagen, dass Sie jetzt das Krankenhaus verlassen möchten. Außer Sie haben Medikamente bekommen, die dagegensprechen, weil sie sich so selbst oder andere gefährden", erklärt er.

Zur bösen Vermutung, man hätte sich vielleicht nicht genug um die sichere Heimfahrt des Patienten gekümmert, weil er ausländischer Herkunft sei, sagt der Pressemann: "Wir haben einen Versorgungsauftrag. Jeder wird unabhängig von seiner ethnischen Herkunft behandelt." Das Pflegepersonal würde immer fragen, ob man ein Taxi brauche: "Wenn jemand aber sagt, er geht allein, können wir auch nichts machen."

Die Ehefrau hätte Ridha C. mitten in der Nacht natürlich aus der Klinik abgeholt. Denn ihr Mann ist chronisch krank. Er hatte schon zwei Herzinfarkte. Seine Familie aus Pasing ist besonders groß: Dazu gehören vier Töchter und vier Söhne im Alter zwischen 21 und 32 Jahren.

Ehepaar ist in der Klinik bekannt

Der Fall von Ridha C. ist ein seltsamer Fall, zu dem es allerdings eine unschöne Vorgeschichte gibt: Der Klinik ist die Ehefrau seit 2011 bekannt, weil sie wegen eines Behandlungsfehlers bei ihrer Rücken-OP lange Schmerzen hatte. Es gab einen heftigen Streit. Für Angelika C. ist das Krankenhaus in Pasing seitdem "ein rotes Tuch". Angelika C. hat angeblich sogar in diesem Krankenhaus Hausverbot: Helios-Sprecher Marten Scheibel meint dazu vorsichtig: "Ich kann nicht sagen, dass das Ehepaar nie Hausverbot bekommen hat."

Bleibt nun die Frage: Übertreiben die Pasinger? Wollen sie der Helios Klinik mit der spektakulären Nacht-Aktion "Heimlaufen in Unterhose" eins auswischen? Oder hat dem Patient Ridha C. das morphinhaltige Beruhigungsmittel wirklich so zugesetzt, dass er, nicht ganz Herr seiner Sinne, halbnackt heimlief?  Eine verquere Lage, in der es aktuell keine befriedigende Antwort gibt.

Lesen Sie hier: Rentnerinnen im Krankenhaus angegrabscht

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