Hat sich ein Kind gewehrt?

Über eine Blutspur am Tatort findet die Polizei den Verdächtigen. In den Verhören verstrickt er sich in Widersprüche. Ihm droht lebenslange Haft.

München - Eine Blutspur am Tatort ist das entscheidende Indiz, das zu Thomas S. geführt hat. Der Mörder von Chiara (8) und Sharon (11) war bei der unfassbar grausamen Tat selbst verletzt worden. Im erweiterten Umfeld der Familie kursiert seit Tagen folgende Theorie: Womöglich hat eines der Mädchen – die Rede ist von der älteren Sharon – verzweifelt um sein Leben gekämpft und sich mit aller Kraft gegen den großen, kräftigen Mann gewehrt, der mitten in der Nacht vor den Kinderbetten auftauchte und mit einem Küchenmesser auf die Mädchen einstach. Auch mit einer Hantel schlug der Doppelmörder zu.

Das Blut konnte eindeutig Thomas S. zugeordnet werden. „Wir sind aufgrund des Tatbildes und der Spurenlage überzeugt, dass er der Täter ist“, sagt Oberstaatsanwältin Andrea Titz.
Woher das Küchenmesser und die Hantel stammen, konnte noch nicht eindeutig geklärt werden.
Am 28. März – fünf Tage nach der Tat – war der Onkel von Chiara und Sharon erstmals vernommen worden.

Dabei bat ihn die Polizei auch um eine freiwillige Speichelprobe – wie insgesamt 91 andere Männer und Frauen aus dem Umfeld der Kinder. Auch die Sanitäter und Polizisten, die die Tatort-Wohnung betreten hatten, mussten Speichelproben abgeben, damit auf der Suche nach einem genetischen Fingerabdruck des Täters alle Spuren abgeglichen werden konnten.
Vier Tage später, am Freitag um die Mittagszeit, meldeten die Expertinnen in der Rechtsmedizin den Treffer, die DNS der Blutspur stimmte mit der DNS von Thomas S. überein. Fünf Stunden später stand das Spezialeinsatzkommando (SEK) vor seinem Haus.

Die erste Nacht verbrachte der mutmaßliche Doppelmörder in der Haftanstalt in der Ettstraße, am Samstag musste er zu einem Arzt, der die Verletzung genau untersuchte, aus der Thomas S. am Tatort geblutet hatte. Der Rechtsmediziner suchte auch nach anderen möglicherweise tatrelevanten Schrammen, Schnitten und Kratzern.
Es gibt noch ein weiteres Indiz, das dafür spricht, dass Thomas S. der Täter ist.

„Er verstrickte sich bei späteren Vernehmungen in Widersprüche“, sagt Markus Kraus, Chef der Mordkommission. „Die Soko ist mit ihrer Arbeit noch lange nicht fertig.“
Bis zum Wochenende waren insgesamt 141 Hinweise aus der Bevölkerung und dem Umfeld der Kinder bei der Polizei eingegangen. Die Soko „Margarete“ – benannt nach der Straße in Krailling, in der die Kinder ermordet wurden - führte mehr als 100 Vernehmungen durch. Ein Hinweis auf Thomas S. war aber nicht dabei.
Am Samstag erging Haftbefehl wegen des Verdachts des zweifachen Mordes gegen ihn. Das so genannte Mordmerkmal, das im Verfahren zum Tragen kommt, ist Heimtücke: „Der Täter hat die Arg- und Wehrlosigkeit der Kinder ausgenutzt“, sagt Oberstaatsanwältin Andrea Titz.

Mord wird mit lebenslanger Haft bestraft. Davor werden Thomas S. – sofern ihn der Richter verurteilt – auch die Schicksalsschläge, die zuvor seine eigene Familie getroffen haben, nicht bewahren.

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