Happy End in München: Mutter sieht Töchter nach 35 Jahren wieder

35 Jahre waren Rosemarie Oswald und ihre beiden Töchter voneinander getrennt. Zu einem Wiedersehen kam es nur dank Facebook.
Anna Rauch |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Endlich wieder glücklich vereint – wenn auch erst nach 35 Jahren: die Münchnerin Rosemarie Oswald mit ihren beiden Töchtern Sonja und Manuela.
privat Endlich wieder glücklich vereint – wenn auch erst nach 35 Jahren: die Münchnerin Rosemarie Oswald mit ihren beiden Töchtern Sonja und Manuela.

München - An den Moment, als Rosemarie Oswald (Name geändert) ihren beiden Töchtern Sonja und Manuela zum ersten Mal wieder gegenüberstand, erinnert sie sich noch ganz genau: "Ich habe so gezittert, dann sind wir in Tränen ausgebrochen und uns in die Arme gefallen", erzählt sie. Zum letzten Mal hatte Oswald ihre Kinder vor 35 Jahren gesehen, kurz nachdem ihr Ex-Mann die Mädchen von München nach Griechenland gebracht und den Kontakt zur Mutter unterbunden hatte.

Vorausgegangen war eine Beziehung voller Konflikte. 1969 lernt sie den Griechen Costa (Name geändert) kennen und verliebt sich Hals über Kopf in ihn: "Meine erste Ehe war damals gerade in die Brüche gegangen. Er war so freundlich und ich ganz fasziniert von seinen großen, dunklen Augen", erzählt sie. 1970 heiraten die beiden. Die erste Tochter Sonja wird noch im selben Jahr geboren.

Doch das Glück hält nicht lange. Costa ist rasend eifersüchtig. "Ich durfte keinen Lippenstift tragen und nicht alleine in die Stadt", erinnert sich Oswald. In seiner Eifersucht wird Costa auch immer wieder gewalttätig. Einmal zieht er seine Frau bei einer Firmenfeier an den Haaren aus dem Büro, ein anderes Mal ohrfeigt er sie auf offener Straße.

Trotzdem bleibt sie bei ihm. Die zweite Tochter Manuela wird geboren. Den endgültigen Schlussstrich zieht sie erst nach einem besonders drastischen Vorfall: Während eines Streits würgt Costa seine Ehefrau, die damals vierjährige Manuela bekommt alles mit. "Da stand für mich fest, jetzt lasse ich mich scheiden", erzählt Oswald.

In einer Nacht- und Nebelaktion verschwinden sie

Sie zieht aus der gemeinsamen Wohnung in Neuperlach aus – und in kleines Apartment in Berg am Laim. Die Kinder bleiben in dieser Zeit bei ihrem Noch-Ehemann. Bis sich das Jugendamt des Falles annimmt und zu einer folgenschweren Entscheidung kommt: Das Amt teilt das Sorgerecht für die Mädchen auf. Sonja soll zu ihrer Mutter, Manuela beim Vater bleiben.

Doch dazu kommt es nie. In einer Nacht-und-Nebelaktion reist der Vater mit den beiden Mädchen nach Griechenland. Und macht Oswald den Kontakt zu ihren Kindern zunehmend schwer.

Als Oswald für den Scheidungstermin nach Griechenland reist, kann sie nur die ältere Tochter Sonja noch einmal sehen. Manuela enthält Costa ihr weiter vor. So steht Oswald schließlich vor der Wahl: Sonja mitnehmen und von ihrer Schwester trennen oder sie vorerst in Griechenland lassen und auf das Einlenken des Vaters hoffen. Zum Wohl der Kinder entscheidet sie sich für die zweite Alternative. "Eine Entscheidung, die mich noch lange gequält hat", sagt sie heute.

Denn kaum ist Oswald wieder in Deutschland, bricht der Kontakt zum Ex-Mann und den Töchtern völlig ab. Costa zieht mit den Kindern um, die neue Adresse wird Oswald nie mitgeteilt. Auch über das deutsche Konsulat bekommt sie keine Auskunft. Erst sieben Jahre später klappt ein Treffen mit den Kindern dank einer heimlich an Costas Mutter geschickten Postkarte. "Danach haben wir uns Briefe geschickt, doch irgendwann bekam mein Ex-Mann das mit, und der Kontakt riss erneut ab", erzählt Oswald.

35 Jahre vergehen, doch der Gedanke an ihre Mädchen lässt Oswald nicht los. Irgendwann hilft der Zufall. Eine Freundin schlägt vor, die Töchter auf Facebook zu suchen. Die Suche liefert genau einen Treffer und auf dem Bild erkennt Oswald sofort ihre Tochter. "Ich saß vorm Computer, habe gelacht, habe geweint und war fix und fertig", erzählt sie.

"Die Autofahrt war die längste meines Lebens"

Über das soziale Netzwerk verabredet sich Oswald mit ihren Töchtern zum Wiedersehen in Griechenland. „Die Autofahrt zu ihnen war die längste meines Lebens“, erinnert sie sich. Bei dem Treffen kommt dann auch schnell raus, warum die Töchter in all den Jahren nicht den Kontakt zur Mutter gesucht hatten: "Mein Ex hat den beiden viele Lügen erzählt", berichtet Oswald.

Seit dem Wiedersehen versuchen Mutter und Töchter, sich so oft zu sehen, wie es geht. "Die verlorene Zeit, kann man aber natürlich nicht aufholen", sagt Oswald. Doch zumindest das schlechte Gewissen, wegen ihrer damaligen Entscheidung, konnten ihr die Töchter nehmen: "Sie sagen mir immer wieder, wie dankbar sie dafür sind, nicht getrennt worden zu sein", sagt Oswald.

"Alleine, glauben sie, hätten sie das gar nicht durchgestanden."


Rosemarie Oswald hat ein Buch über ihre Erfahrungen geschrieben: "Verlorene Jahre" ist im Noel Verlag erschienen und kostet 16,90 Euro.


Kindesentführung und Kindesentzug – Hier gibt es Hilfe

Grenzenüberschreitende Kindesentziehung gibt es immer wieder, schreibt das Auswärtige Amt auf seiner Webseite: "Die Entziehung Minderjähriger wird nach den Bestimmungen des deutschen Strafgesetzbuches (§ 235 StGB) geahndet. Voraussetzung für eine strafrechtliche Verfolgung ist ein Antrag der Person, deren Elternrecht verletzt wird." In der Praxis ist es aber schwierig, solche Fälle strafrechtlich zu lösen.

Das "Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung" (HKÜ) soll es erleichtern, ins Ausland entführte Kinder wieder zurückzuführen. Dem Abkommen sind 80 Staaten beigetreten, darunter alle Mitgliedsländer der EU. Wird ein Kind in einem dieser Länder entzogen, sollte in jedem Fall das Bundesministerium für Justiz kontaktiert werden.

Bundesamt für Justiz, Adenauerallee 99-103, 53113 Bonn, Tel. (0228) 99 410 5212, E-Mail: int.sorgerecht@bfj.bund.de

Außerdem berät im Konfliktfall mit dem Ex-Partner die Zentrale Anlaufstelle für grenzüberschreitende Kindschaftskonflikte und Mediation (ZAnK) beim Internationalen Sozialdienst (ISD):

Zentrale Anlaufstelle beim ISD, Michaelkirchstr. 17-18, 10179 Berlin, Tel. (030) 62980 403, E-Mail: isd@iss-ger.de

Lesen Sie auch: Die "Ausweichstadt" - Münchens große Tochter

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.