Halbes Jahr stand es leer: Das sind die neuen Pächter des ehemaligen Kinos am Sendlinger Tor

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Ist in das Filmtheater am Sendlinger Tor wirklich wieder Leben eingekehrt? Ja, dort, wo bis Januar dieses Jahres Getränke und Popcorn als Kinonahrung verkauft wurden, ist jetzt eine Espressomaschine auf dem Tresen. Im Hintergrund mit ein paar Sitzplätzen gibt es sogar eine kleine Leinwand.
Zwischennutzung im ehemaligen Kino am Sendlinger Tor: "Wir ziehen junges Publikum an"
Gemietet haben diesen Teil des ehemaligen Kinofoyers eine Freundesclique, die schon in der Fraunhoferstraße, in der Maxvorstadt und in Schwabing einen "Plex"-Laden eröffnet haben: "Wir haben uns mit dem Giesinger Stehausschank nebenan gut verstanden, mit Freunden geredet, die schon die Don Tagesbar an der TU betreiben und dann gesagt: Wir machen hier ein kleines Café auf", sagt Betreiber Max Kamp: "Wir ziehen junges Publikum an und belassen komplett den Charme der alten Kinobar, sodass auch der Denkmalschutz zufrieden sein kann."
Auf der kleinen Leinwand wollen sie Kurzfilme und Videokunst zeigen. "Die Kaffee- und Matcha-Preise wollen wir erschwinglich halten, auch wenn wir die hochwertige Rösterei Dientzler für eine eigene Röstung gewonnen haben und der Tee für den Matcha von einem guten Hersteller aus Japan kommt."

Diese Nutzung betrifft aber nur einen kleinen Teil des Foyers. Und nur für ein Jahr haben sie die Kinobar nun für ihr "Plex" angemietet. Die restlichen Räume – der große, prächtige Kinosaal mit seinen über 500 Plätzen sowie die Treppen zum Rang – sind davon durch ein Scherengitter abgetrennt und weiterhin nicht zugänglich. Wer also glaubt, dass hier der Anfang einer Neubelebung des historischen Kinos in Aussicht sein könnte, irrt.

Das Filmtheater wurde 1913 am Sendlinger-Tor-Platz eröffnet. Nach 112 Jahren Kinotradition und behutsamen Renovierungen, so dass der alte Charme und die Pracht erhalten blieben, schloss es Ende Januar dieses Jahres nach einemjahrelangen Streit zwischen der Betreiberfamilie Preßmar und den Hauseigentümern, der Familie Winkelmann. Es ging um die Höhe der Pacht.
Kino am Sendlinger Tor konnte Pachtwünsche nicht bezahlen
Ein vom Gericht bestellter Sachverständiger kam dabei in seinem Gutachten zum Ergebnis, dass die marktübliche Pacht für so ein betriebswirtschaftlich schwieriges Einzelhaus, das zudem unter Denkmalschutz steht, zwischen 90.000 Euro bis 120.000 Euro Jahrespacht liegt. Aber auch von monatlich 20.000 Euro waren schon die Rede. Das ist mit einem Kino, das nur über eine Leinwand verfügt, nicht zu erwirtschaften.

Jetzt gibt es hinter der Fassade mit dem eingemotteten Kino einen Streit zwischen den Eigentümern und der Stadt München – in Form der Lokalbaukommission und der Denkmalschutzbehörde. Denn während die beauftragte Immobilienentwicklungsfirma Soho Real Estate an einem neuen, zukünftigen Gesamtkonzept für die Immobilie im Herzen Münchens arbeitet, war die Idee, eine Zwischennutzung zu ermöglichen, um den Ort überhaupt wiederzubeleben.

Interesse an einer Nutzung meldete bald nach der Schließung des Filmtheaters das Gärtnerplatztheater an: als Probe- und öffentliche Studiobühne. Kulturminister Markus Blume (CSU) hatte diese Wiederbelebungsidee zusammen mit dem Intendanten Josef Köpplinger auch öffentlich gemacht, ohne aber die Immobilie zuvor genauer in Augenschein genommen zu haben. Denn der Bühnenraum ist nur gute 4 Meter tief. Die Idee verpuffte, auch wenn sie als kulturelle Nutzung mit der Originalbestuhlung gute Genehmigungs-Chancen bei der Stadt München gehabt hätte.
Wer investiert Millionen für eine Zwischennutzung des Kinos am Sendlinger Tor?
Für eine anders geartete Zwischennutzung müsste die Stadt aber zwei Dinge ermöglichen: Erstens die Erlaubnis, die Bestuhlung zwischenzeitlich zu entfernen und sachgemäß einzulagern. Und zweitens: Die Genehmigung, dass die Zwischennutzung eine "Fortführung der bisherigen Nutzung" darstellt, weil nur so der sogenannte "Bestandsschutz" gilt, der die gesamte Infrastruktur wie Lüftung und Elektrik einschließt. Denn diese Installationen sind zum Teil noch aus den 50er-Jahren.
Bisher aber haben die Behörden ein bereits vorgelegtes Zwischennutzungskonzept als Raum für wöchentliche Kulturveranstaltungen sowie Event-Vermietung abgelehnt. Müsste ein Zwischenbetreiber aber die gesamte Infrastruktur erneuern, um hier etwas Neues eröffnen zu können, wären einige Millionen Euro für Sanierungen fällig. Eine Summe, die kein Interimsbetreiber aufbringen will und kann.
Wie lange es aber dauert, bis die Immobilienentwicklungsfirma im Namen der Eigentümer ein neues Nutzungskonzept vorlegt, ist noch offen. Und dann müsste dieses Konzept auch noch dem Denkmalschutz Rechnung tragen und die hohe Summe einer Generalsanierung rechtfertigen. Nichts aber schadet einer Immobilie mehr als Leerstand. Und nichts ist für München trauriger als ein (weiteres) verfallendes, leerstehendes Juwel in der Innenstadt.