Haidhauser Schüler: Unsere Lehrerin soll bleiben

Wegen zwei Zehntel in der Abschlussnote bekommt Mirja Schmieding (28) keine Stelleals Lehrerin. Doch jetzt machen die Eltern ihrer Klasse an der Haidhauser Weilerschule mobil.
HAISDHAUSEN Mirja Schmieding muss erreichbar sein. Akku leer? Eine Katastrophe. „Wenn du nicht hingehst, rufen sie den nächsten an.“ Die Grundschulreferendarin (28) wartet auf den alles entscheidenden Anruf von der Regierung von Oberbayern. Auf ihre letzte Chance, doch noch ihre Klasse 3 der Grundschule an der Weilerstraße zu behalten. Und Luca, Josepha und all die anderen im so wichtigen Übertrittsjahr auf die weiterführende Schule zu begleiten.
Wie Mirja Schmieding geht es zur Zeit vielen Lehrern: Nur 644 Absolventen werden dieses Jahr eingestellt – bei 2224 Bewerbern. Mirja Schmieding steht zwar auf der Nachrückliste, aber ob und wann sie Bescheid bekommt, weiß sie nicht. Doch die Eltern der 3. Klasse wollen kämpfen. Sie haben bereits einen Brief an den Kultusminister geschrieben. Früh morgens sind sie vor der Schule zusammen gekommen – mit Plakaten: „Frau Schmieding soll bleiben!“ „Bei ihr ist man immer mitgekommen“, sagt Paula (8). Josepha (8) versteht nicht, warum ihre Lehrerin die Einstellungsnote nicht geschafft hat. Und etwas hilflos fügt der 8-jährige Luca hinzu: „Sie ist ja jetzt gewöhnt an uns, und jetzt muss sie weg.“
Als vor zwei Wochen bekannt wurde, dass nur Lehrer mit einem Schnitt von 1,91 eine Stelle beim Staat bekommen, war das für alle ein Schock. „Das war ganz ganz schwer“, erzählt Mirja Schmieding, die mit 2,28 abgeschlossen hat, „ich hab versucht, die Kinder nichts merken zu lassen, aber ich konnte sie gar nicht mehr zurechtweisen, jedesmal hab ich gedacht, ,Ach Gott, ist ja jetzt das letzte Mal’.“ Am letzten Schultag gab’s Abschiedstränen selbst bei den Buben. Dabei war es zunächst ein hartes Stück Arbeit, die Klasse zu einer Einheit zusammenzuschweißen. Zum Schuljahresbeginn kamen sechs Schüler aus dem Adelgundenheim für sozial benachteiligte Kinder in die Klasse. „Das ist ihr toll gelungen, diese Kinder zu integrieren und eine Klasse zusammenwachsen zu lassen“, sagt Elternbeiratsvorsitzender Lars Klein. Er fordert zusammen mit den anderen Eltern, die „Lebensleistung einer Lehrkraft zu honorieren.“ Etwa, dass Mirja Schmieding vor dem Referendariat eine Tochter zur Welt gebracht hat.
Beim Kultusministerium verweist man auf das in der Verfassung verankerte Leistungsprinzip bei der Besetzung von Beamtenstellen. Die Abschlussnote, die sich aus verschiedenen Leistungen, darunter auch Lehrproben, zusammensetzt, würde dem Gesamtbild einer Lehrkraft bereits Rechnung tragen. „Wir sind nicht gegen das Leistungsprinzip, aber es muss in dem Einstellungsverfahren Möglichkeiten geben, die Wertschätzung des Umfeldes zu honorieren – alle hier wollen, dass sie bleibt.“ J. Jauernig