Günther Kaufmann: Vom Arbeiter zum Filmstar

Günther Kaufmann wächst im Münchner Problemviertel Hasenbergl auf. Das prägt ihn schon sehr früh.
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MÜNCHEN Das Leben des Schauspielers und Fassbinder-Stars Günther Kaufmann (†64) ist voller Widersprüche verlaufen: Vom normalen Arbeiter steigt er zum Filmstar auf. Nach dem Tod seines Mentors Rainer Werner Fassbinder 1982 wird es ruhig um ihn. Mit kleinen Nebenrollen und Jobs in Bars schlägt er sich durch. 2001 steht er unter Mordverdacht, schiebt die Tat auf zwei seiner Freunde, schützt seine krebskranke Frau Alexandra (†39), in dem er nicht die Wahrheit sagt. 831 Tage sitzt er unschuldig im Gefängnis.

Nach der Haft ist er plötzlich wieder ein gefragter Künstler. Theater- und Filmrollen werden ihm angeboten. Aber das Herz, durch viel Alkohol und Drogen geschädigt, spielt nicht mehr mit. In seinem Prozess sagt er selber: „Im Rausch habe ich nächtelang meine Biervorräte bewacht. Ich dachte, da ist ein Dieb, der mir mein Bier klaut. Ich habe Zwerge gesehen, die mir mein Koks nahmen – bis mir meine Frau sagte, dass ich alles selber wegsaufe und kokse.“ Am vergangenen Donnerstag bricht er in Berlin auf der Straße tot zusammen (AZ berichtete). Günther Kaufmann wird am 16. Juni 1947 in München Schwabing als Sohn einer Deutschen und eines US-Soldaten geboren. Die Familie zieht später ins Hasenbergl.

Es ist Münchens verrufenstes Viertel, ein "sozialer Brennpunkt", wie gutmeinende Menschen sagen. „Ein Ort von Armut und Chancenlosigkeit“, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Als Schwarzer in einem Problemviertel aufzuwachsen hat Günther Kaufmann früh geprägt. Er lernt bereits als kleiner Junge sich durchzuboxen. Später sagt er in Interviews ironisch über sich: „Ich bin der weiße Neger vom Hasenbergl!“ Das ist auch der spätere Titel seiner Biografie. Der kleine Günther besucht die Grund und Hauptschule.

Er sei ein durchschnittlicher Schüler gewesen. Nach der Schule macht er eine Lehre zum Spindeldreher. Ein Werkzeug für die Leinen und Wollverarbeitung. Den Beruf gibt es heute nicht mehr. Nach der Bundeswehr schlägt er sich mit Nebenjobs durch, lernt in den Schwabinger Kneipen Filmschaffende kennen. Die entscheidende Wende in seinem Leben kommt 1969. Als 22-Jähriger steht Kaufmann zusammen mit Rainer Werner Fassbinder in der Fernsehfassung von Brechts „Baal“ vor der Kamera.

Sie werden Freunde und revolutionieren den deutschen Film. Als Kaufmann sagte, dass er überhaupt nicht spielen könne, soll Fassbinder geantwortet haben: „Das bring’ ich dir schon bei.“ 1970 arbeitet Kaufmann in „Götter der Pest“ bereits mit Stars wie Hannah Schygulla, Margarete von Trotta und Ingrid Caven zusammen. Es folgten unter anderem: „Berlin Alexanderplatz“, „Die Ehe der Maria Braun“, „Lola“. Seine Freundschaft zu Fassbinder ist ambivalent gewesen. Ihnen wird eine homosexuelle Beziehung unterstellt. In der Fassbinder-Clique habe Kaufmann zum ersten Mal Kokain konsumiert. „Seitdem konsumiere ich es - im Schnitt einmal in der Woche“, so Kaufmann vor Gericht.

 

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