"Kahlschlag": Dieser neue Sparhammer kommt auf den öffentlichen Verkehr in München zu
Es ist eine weitere Stadtratsvorlage mit Zündstoff, die am Mittwoch in der Vollversammlung diskutiert wird. Konkret geht es um zusätzliche Sparpläne aus dem Wirtschaftsreferat (RAW) schon für das kommende Jahr und die Folgenden.
Darin enthalten: eine erneute Sparrunde beim öffentlichen Verkehr in München. Vom "größten ÖPNV-Kahlschlag seit Jahrzehnten" spricht der AAN, der Arbeitskreis Attraktiver Nahverkehr im Münchner Forum in einer Mitteilung.
"Schmerzhafte Kürzungen": Verbände schockiert über neuen Sparhammer
Und auch "Pro Bahn" ist schockiert: Das werde zu "deutlichen, sichtbaren und für die Bürger schmerzhaften Kürzungen führen", sagt ein Sprecher zur AZ.
Darum geht es konkret laut der Vorlage: Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) soll noch mehr sparen. Weil die Verkehrsleistungen für das (schon bald) kommende Jahr 2026 schon geplant sind, geht es dort um eine Einsparung von insgesamt 9,25 Millionen Euro für das Leistungsprogramm. So viel sei möglich, das beinhaltet die Haushalte des RAW und des Baureferats. Der Anteil im Wirtschaftsreferat soll 5,75 Millionen Euro betragen.
2027 soll die MVG fast 16 Millionen Euro sparen
Für das darauf folgende Jahr wird es noch einmal brutaler: 15,8 Millionen Euro soll die MVG da sparen. Der Beschluss dazu soll dann im Juli in den Stadtrat kommen.

Wie die MVG das genau machen soll, ist noch nicht klar, darauf geht das Wirtschaftsreferat in der Vorlage nicht konkret ein. Aber es gibt schon grundsätzliche Vorschläge, die gar nicht so schlimm klingen: "Im Wesentlichen sollen Verkehre eingespart werden, die in Zeiten schwacher Nachfrage nicht gut ausgelastet sind", so das Wirtschaftsreferat. Die MVG plane, die Maßnahmen so umzusetzen, "dass es zu keinen wesentlichen Nachteilen der Kund*innen kommt".
"Völlig illusorisch": Neue Sparmaßnahmen beim ÖPNV
Das kann sich AAN-Sprecher Matthias Hintzen kaum vorstellen: "Dies bedeutet erhebliche Kürzungen bei Bus, Tram und U-Bahn" befürchtet er.
Es sei "völlig illusorisch", dieses Sparziel nur mit Sparmaßnahmen bei kaum genutzten Linien zu erreichen, so Hintzen. "Um diese Summe zu erreichen, müssten voraussichtlich einzelne Linien ganz oder zeitweise eingestellt werden. Darüber hinaus würde es dann an vielen Stellen keinen 10-Minuten-Takt mehr geben, sondern nur noch einen 20-Minuten-Takt, so seine Analyse.
Obwohl das Sparziel sehr konkret benannt ist, ist aber nicht klar, welche Linien das wie betreffen würde. Das stört die Verbände sehr: "Das erlaubt keine sachgerechte Diskussion und Entscheidung", findet ein Sprecher von Pro Bahn.
"Beteiligung erforderlich": Verband kritisiert Wirtschaftsreferat
Und auch dass die Bezirksausschüsse nicht angehört wurden, stößt sauer auf: "Auch bei unangenehmen Themen darf sich die Stadtpolitik der Diskussion nicht entziehen", sagt AAN-Sprecher Berthold Maier. "Daher ist eine Beteiligung der Bezirksausschüsse bei diesem Thema unbedingt erforderlich.“
Pro Bahn fordert, "dass die konkreten Überlegungen veröffentlicht werden, die hinter dieser Zahl stehen". Es müsse für die Bürger klar sein, "was an Angebot ab Mitte nächsten Jahres entfallen soll, welche Linien gestrichen werden, und wie sich wer in der Politik dazu positioniert", so ein Sprecher.
Wie stehen die Fraktionen im Stadtrat zu dem erneuten Sparvorschlag im Öffentlichen Verkehr, der in den vergangenen Jahren sowieso schon damit gekämpft hat, sein Angebot überhaupt Aufrecht erhalten zu können?
"Grenzt an Satire": CSU kritisiert MVG-Sparpläne von Grün-rot

"Grün-Rot hat lieber Luxus-Radwege in der Innenstadt gebaut, dafür wird jetzt der ÖPNV am Stadtrand geschröpft", ätzt CSU/FW-Fraktionschef Manuel Pretzl. Seine Fraktion will den grün-roten Haushaltsentwurf insgesamt und damit auch diese Kürzungen ablehnen. "Die Grünen werben für sich mit Plakaten, auf denen 'Mehr Fahrt, weniger Frust' steht", so Pretzl weiter. "Und gleichzeitig wird beim ÖPNV gekürzt. Das grenzt schon an Satire, ist nur leider für die Fahrgäste gar nicht lustig", sagt Pretzl zur AZ.
"Arbeiten intensiv an Lösung": Grüne zu MVG-Sparplänen

Zurückhaltender gibt sich die Fraktion der Grünen/Rosa Liste/Volt: "Wir arbeiten zusammen mit unserer Koalitionspartnerin derzeit intensiv an einer finanziellen Lösung, wie wir U-Bahn, Bus und Tram weiterhin in einem guten Takt fahren lassen können und gleichzeitig die Kosten darstellbar bleiben", sagt Grünen-Fraktionschefin Mona Fuchs auf Anfrage der AZ.
Die MVG sagt auf AZ-Anfrage, es bleibe abzuwarten, wie der Stadtrat am 17. Dezember darüber entscheidet. "Das Ergebnis wird nach der Beschlussfassung zunächst hausintern bewertet", so ein Sprecher. "Wenn der Stadtrat Einsparungen beschließt, werden wir das Angebot dort anpassen, wo es die Farhgastnachfrage am ehesten zulässt".
Es drohen sogar noch mehr Sparmaßnahmen
Doch diese Sparmaßnahmen sind nicht das Einzige, was auf die MVG an Sparmaßnahmen zukommt. Die Stadt will auch die Finanzbeziehungen mit den Stadtwerken neu regeln, zu denen auch die MVG gehört. Der Plan ist einerseits, dass die Stadtwerke der Stadt jährlich mehr Gewinn weitergeben sollen, nämlich statt bisher 100 Millionen Euro deren 130 Millionen.
Sie will aber auch die Zuschüsse für den ÖPNV deckeln bei 130 Millionen Euro. Dadurch "wird es zu weiteren Kürzungen bei Bussen, Trams und der U-Bahn kommen", sagt Linken-Fraktionschef Stefan Jagel zur AZ. "Grün-Rot sagt hiermit die Verkehrswende ab". Zum Vergleich: Im Jahr 2024 lagen die Zuschüsse bei 147,5 Millionen Euro, 2023 bei 137,3 Millionen Euro und 2022 bei 104,9 Millionen Euro.
Das ist die Ausgangslage zur großen Spardebatte, die am Mittwoch in der letzten Stadtrats-Vollversammlung geführt wird. Die neuen Sparmaßnahmen für den öffentlichen Verkehr sind dabei nur ein Tagesordnungspunkt von vielen.
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