Green City AG ist insolvent: "Da ging es nicht drum, die Welt zu verbessern"

München - Viele Münchnerinnen und Münchner kennen "Green City" als den Namen der Münchner Umweltorganisation, die zum Beispiel das Streetlife-Festival organisiert, Lastenräder verleiht und die Blade Night ausrichtet. Aber es gibt auch den Energiekonzern Green City AG. Der ist nun insolvent. Was ist passiert? Die AZ fragt bei Maximilian Degenhart von der Rechtsanwaltskanzlei DMR Legal nach.
AZ: Sie vertreten verschiedene Anlagegläubiger der Green City AG. Worum geht es da?
MAXIMILIAN DEGENHART: Der Umweltverein Green City hat Mitte der 2000er Jahre eine GmbH gegründet - der Grundstein der heutigen Green City AG. Diese AG hat deutschland- und europaweit Investitionen in Erneuerbare Energien getätigt und Windkrafträder und Solarparks gebaut. Dabei haben sie viele Solar- und Windparks in eigene Projektgesellschaften überführt, am Ende waren es 138 Stück. Nun hat die Green City AG Insolvenz angemeldet. Dieses Schicksal droht nun auch den meisten Tochter- und Enkelgesellschaften.
"Im Insolvenzfall werden vorrangige Gläubiger zuerst bedient"
Welche Bedeutung hatten die privaten Anleger für die AG?
Das Geld der Anleger war die Grundlage für die Expansion der Gesellschaft. Es wurden knapp 250 Millionen Euro eingesammelt. Insgesamt wurden über 500 Millionen Euro investiert. Das Geld der Anleger dürfte in vielen Fällen die Kreditaufnahme bei Banken ermöglicht haben, denn die Finanzprodukte, die private Anleger erwerben konnten, waren oft mit einem sogenannten Nachrang versehen.
Was bedeutet es, wenn Finanzprodukte nachrangig sind?
Nachrangig bedeutet zum einen, dass man sein Geld nur zurückfordern kann, wenn das die Gesellschaft nicht in die Insolvenz zwingt. Das ist in diesem Fall nun irrelevant, denn die AG ist ja bereits insolvent. Es bedeutet aber auch, dass im Falle einer Insolvenz alle "vorrangigen" Gläubiger zuerst bedient werden. Und wer ist in solchen Fällen "vorrangig"? Natürlich die Banken, die in der Regel sehr gut besichert sind.
Warum wurde das so gemacht?
Weil die Green City AG vermutlich viel so genanntes Eigenkapital brauchte, um überhaupt Geld von den Banken zu bekommen. Und die Banken akzeptieren nur Geld von Dritten als Eigenkapital, wenn dieses Geld nachrangig ist.
"Wie viele Privatanleger genau betroffen sind, wissen wir nicht"
Der größte Anteilseigner der Green City AG waren aber ja keine Privatleute, sondern der Verein Green City e.V., der mehr als die Hälfte aller Aktien gehalten hat. Wie viele Privatleute sind geschädigt?
Genau wissen wir dies nicht. Wir gehen aber davon aus, dass es Tausende sind. Die Anleihen zum Beispiel konnte man ja schon ab einer 1.000-Euro-Stückelung erwerben. Es sind aber auch größere, institutionelle Anleger betroffen, wie zum Beispiel Versicherungen. Ich vertrete einige größere Anleihegläubiger, welche die jüngsten Ereignisse sehr genau beobachten und sich mit uns organisieren, um Ansprüche geltend zu machen.
Sehen Sie auch eine Schuld bei der Politik? In den letzten Jahren ist es für die Anbieter Erneuerbarer Energien schwieriger geworden, Projekte umzusetzen. Umweltverbände beklagen bürokratische Hürden, die dazu führen, dass der Ausbau von Wind- und Solarenergie künstlich verzögert wird.
Die Green City AG ist kein Verein. Die Zielstellung einer Aktiengesellschaft ist die Optimierung der wirtschaftlichen Kennzahlen. Und das ist der Green City AG nicht gelungen. Da ging es nicht um "wir verbessern die Welt", das war eine ganz normale gewinnorientierte Gesellschaft. Und während es die meisten Anbieter durchaus schaffen, auf dem Markt Gewinne zu erzielen, hat die Green City AG unseres Wissens zu keinem Zeitpunkt schwarze Zahlen geschrieben. Allerdings haben die bürokratischen Vorgaben sicher dazu geführt, dass die AG ihren Expansionswillen oftmals nicht in Bayern oder Deutschland realisieren konnte. Das führte zu einer großen Anzahl an Projekten in Südeuropa.
Die Windräder in Ebersberg kommen vielleicht trotzdem
Erst im Mai hat ein Bürgerentscheid in Ebersberg sich dafür ausgesprochen, dass ein Projekt der Green City AG genehmigt wird, die fünf Windräder im Ebersberger Forst bauen wollten. Was passiert jetzt mit diesem Projekt?
Das Projekt im Ebersberger Forst ist durch die Insolvenz nicht automatisch gefährdet. Grundsätzlich gibt es immer die Möglichkeit, dass dritte Investoren das jeweilige Projekt übernehmen. Und wenn ich als Investor beispielsweise einen bereits genehmigten Windpark in Ebersberg erwerben kann, dann mache ich das natürlich. Zumindest sofern die Zahlen stimmen.