Grausamkeiten vor Gericht

MÜNCHEN - Die Tat ist ohnehin entsetzlich. Die Details erschüttern jetzt das Gericht. Dort erläuterten Gutachter, wie grausam und qualvoll die Mädchen Chiara († 8) und Sharon († 11) ermordet worden sind – und wie sie sich minutenlang gegen den nächtlichen Angreifer wehrten. Doch sie hatten keine Chance. Der Täter ging äußerst brutal vor, nutzte offenbar jedes ihm zur Verfügung stehende Mittel, um die Kinder zu töten.
Die Ermittler fanden Blutspuren in der ganzen Wohnung. Die Ankläger sind auf Grund der Spurenlage überzeugt, dass die Kinder von ihrem Onkel Thomas S. (51) mit einem Strick, einer Hantelstange und einem Küchenmesser in der Nacht zum 24. März 2011 ermordet wurden. Die Mädchen und ihre Mutter hätten ihm bei einer Erbschaft im Weg gestanden.
Die beiden Münchner Gerichtsmediziner Matthias Graw und Wolfgang Keil schilderten am Freitag vor Gericht, welche Spuren der Mörder an den Körpern der kleinen Mädchen hinterließ – und enthüllten ein wahres Kabinett des Schreckens. Der Angeklagte hörte zu und machte sich Notizen, zeigte aber keinerlei Regung.
Erdrosseln, Würgen, Mund und Nase zuhalten, Schläge mit der Faust und (möglicherweise) einer Hantelstange, dazu elf Messerstiche unter anderem in Brust und Hals: Spuren von gleich sechs Arten der Gewaltanwendung stellte Gerichtsmediziner Keil an Chiaras Körper fest.
„Allein der Stich in den Hals war absolut tödlich”, erklärte der Mediziner. Denn das von oben nach unten geführte Messer durchtrennte einen Halswirbel und die Schlagader, das Mädchen verblutete. Zuvor war bereits der Schädel durch Schläge mit einem „geformten Gegenstand”, möglicherweise der vorgefundenen Hantelstange, doppelt gebrochen worden.
Zuerst aber sei Chiara gewürgt und gedrosselt worden. Nur so seien die Blutergüsse zu erklären, die Keil bei der Obduktion am Hals entdeckte. Keil spricht von einer „kombinierten Todesursache”: Stiche, Schläge und das Drosseln führten zum Tod. Genauer lasse sich das nicht sagen.
Auch der Todeszeitpunkt, den die Gerichtsmediziner mittels der Temperaturmessung der toten Körper ermittelten, kann nur sehr vage mit 20.55 Uhr bis 2.30 Uhr angegeben werden. Es ist unmöglich zu sagen, welches der beiden Mädchen zuerst starb.
Sharon war offensichtlich tot, als die Sanitäter eintrafen. Bei Chiara versuchten die alarmierten Retter noch Reanimierungsmaßnahmen. Ohne Erfolg. Todesursache bei Sharon: Verbluten. Sechs Mal war das Messer in sie eingedrungen. Aber auch die Elfjährige war mit einem Gegenstand geschlagen und vier Mal an Kopf und Händen getroffen worden.
Thomas S. selbst wurde erst Tage später untersucht. Dabei stellte man kleinere Verletzungen an Fingern, am Oberschenkel und den Füßen fest. Spuren eines Kampfes? Zeitlich kommen sie für den Tattag in Frage. Thomas S. hatte bei der Polizei ausgesagt, dass er sich mit einem Teppichmesser am Daumen verletzt habe.