Grausames Drama: Fauler Ehemann wird zum Mörder

München - Geschlagen, getreten, erstochen – der stämmige Mann im tiefblauen T-Shirt auf der Anklagebank hat seine zwölf Jahre jüngere Frau am Morgen des 7. Mai 2015 in der gemeinsamen Wohnung in Haar auf geradezu bestialische Art umgebracht. Und doch verblüfft Saheb M. (53) das Landgericht und die Zuhörer im Saal 273 des Justizzentrums mit dieser Bitte: "Meine Kinder würden sich freuen, wenn ich zurückkehre. Deswegen bitte ich um einen Freispruch."
Eher unwahrscheinlich, dass seine drei kleinen Kinder (vier, sieben und neun Jahre alt) ihren Papa so bald zurückbekommen. Die Staatsanwaltschaft geht von Mord aus niedrigen Beweggründen aus. Und das Gericht könnte darüber noch hinaus gehen. Es komme auch eine besondere Grausamkeit in Betracht und damit eine besondere Schwere der Schuld, macht der Vorsitzende Richter Norbert Riedmann zum Prozessbeginn am Mittwoch klar.
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Die Tat
Saheb M. hat laut Anklage Aicha O. im Streit vier wuchtige Faustschläge ins Gesicht verpasst. Die Frau fiel zu Boden und ihr Mann trat barfuß mindestens 19 Mal auf den Kopf der Wehrlosen ein. Saheb M. bestreitet das: "Ich habe nicht getreten."
Allein die Schädelverletzungen waren bereits tödlich. Doch Saheb M. war das in seinem Furor noch nicht genug. Er nahm laut Anklage das am Boden liegende Messer und stach mindestens fünf Mal auf die Frau ein. "Sie haben ihr beinahe den Kopf abgetrennt", konfrontiert der Vorsitzende den Angeklagten mit der außergewöhnlichen Brutalität seiner Tat.
Der Hintergrund
Die Frau wollte sich laut Anklage von ihrem muslimischen Mann emanzipieren. Der Angeklagte verfüge über ein Weltbild, in dem Frauen in ihrer Wertigkeit Männern unterlegen seien. Im Jahr 2013 soll Saheb M. die Vaterschaft für die Kinder bezweifelt haben. Außerdem habe die Frau davon erfahren, dass er sich eine Zweitfrau nach islamischem Recht zulegen wollte. Die Ehe war spätestens zu diesem Zeitpunkt völlig zerrüttet.
Aicha O. warf ihm immer wieder vor, keine Arbeit zu suchen, sondern faul zu Hause zu bleiben. Sie selber verdiente Geld als Putzfrau. Darüber hinaus habe sich der Mann nicht an familiären Aktivitäten beteiligt, sich nicht um den Haushalt gekümmert.
Auch in diesem Punkt widerspricht der Angeklagte den Vorwürfen: "Ich bin jeden Tag um 6.45 Uhr aufgestanden und habe die Brote für die Kinder zubereitet."
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Der Auslöser?
Absolut nichtig. Der kleine Sohn (4) sollte für den Kindergarten angezogen werden. Saheb M. erklärt vor Gericht, dass er die Hose nicht finden konnte: "Sie hat mir nicht geholfen." Danach sei der Streit immer weiter eskaliert. Sie habe ihn beschimpft, sich darüber beschwert, dass die Familie kein Auto besitze.
"Wenn man ihr heute den Mond schenkte, wollte sie morgen die Sonne", kommentiert der Angeklagte die Ansprüche seiner Frau. "Ich konnte ihre finanziellen Wünsche nicht erfüllen."
An diesem Morgen habe sie ihn dann als "Schaf" und "Schwein" beschimpft. Und plötzlich mit einem Messer vor ihm gestanden. Da sind sich Staatsanwaltschaft und Angeklagter noch einig. Aber die Ankläger glauben, dass die Frau keinerlei Anstalten machte, das Messer tatsächlich einzusetzen oder auch nur damit zu drohen. Saheb M. erklärt dagegen vor Gericht, dass er Angst gehabt habe: "Sie hat gedroht, mich und unseren Sohn umzubringen." Seine Reaktion sei Notwehr gewesen.
Kuriosum am Rande
Im Sofa der Wohnung fanden die Ermittler 70 000 Euro. Die habe er mit seiner Arbeit als Lagerarbeiter verdient und vor seiner Frau verborgen, erklärte Saheb M..
Die Kammer hat bis 28. April zehn Verhandlungstage angesetzt.