Grausam, aber Künstler darf Kriegs-Kunst zeigen
MÜNCHEN - Ist das noch Kunst – oder schon Belästigung?
In dieser Frage hat der Münchner Aktionskünstler Wolfram Kastner gestern Recht bekommen. Das Münchner Amtsgericht sprach ihn vom Vorwurf der „Belästigung der Allgemeinheit“ frei.
Kastner (65) hatte in seiner Fotoausstellung „teilen statt kriegen“ im April 2011 Bilder von fürchterlich verstümmelten Kriegsopfern gezeigt: mitten im Wohngebiet am Ackermannbogen und durch große Fenster gut sichtbar – auch für Kinder.
Dies brachte ihm ein Bußgeld von 273 Euro ein. Der Künstler weigerte sich zu zahlen, er sah „die grundgesetzlich garantierte Freiheit der Kunst“ in Gefahr. Die Angelegenheit landete vor Gericht (AZ berichtete). Bei der Verhandlung erklärte Kastner, es handle sich um eine „pazifistische Ausstellung“. Er zeige „die Folgen des Waffenexports in alle Welt“.
Die Eltern aus dem Viertel sahen das anders. Sie berichteten, ihre Kinder seien durch den Anblick der Fotos verängstigt und schockiert gewesen.
Amtsrichter Jürgen Hanselmann bezweifelte nicht, dass die Gesamt-Installation aus Fotos und Texten Kunst ist. Die Freiheit der Kunst stoße aber an ihre Grenzen, wenn dadurch andere Grundrechte eingeschränkt würden – hier das Erziehungsrecht der Eltern.
Im konkreten Fall liege dennoch kein Bußgeldtatbestand vor. Verboten seien laut Gesetz „grob ungehörige“ Handlungen, die „die Allgemeinheit belästigen oder gefährden und die öffentliche Ordnung beeinträchtigen“. Deshalb konnte Kastner „der Auffassung sein, dass sein Verhalten zulässig war“. Der Richter betonte, das Urteil sei eine „Einzelfallentscheidung“.
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