Gestrandet am Flughafen München: Eine extreme Geduldsprobe

Seit Freitagabend 20 Uhr starten und landen keine Flugzeuge mehr am Münchner Flughafen. In Feldbettenlagern übernachten gestrandete Reisende, wer kann, überlegt sich Alternativen
von  Abendzeitung
Zwei gestrandete Passagiere in München ruhen sich auf Feldbetten aus
Zwei gestrandete Passagiere in München ruhen sich auf Feldbetten aus © Gregor Feindt

MÜNCHEN - Seit Freitagabend 20 Uhr starten und landen keine Flugzeuge mehr am Münchner Flughafen. In Feldbettenlagern übernachten gestrandete Reisende, wer kann, überlegt sich Alternativen

Die Luft ist trocken, es ist stickig im ersten Stock vom Terminal 2. Dutzende Feldbetten sind hier aufgereiht, mit Laken und Decken – Quartier für die gestrandeten Fluggäste. 30 Stunden dauert die Luftraumsperrung über dem Flughafen München schon. Und jeder fragt sich: Wie lange wird es noch dauern? Die AZ hat die Wartenden am Flughafen besucht und nachgefragt, wie sie die Situation erleben.

Verwaiste Schalterhallen, versperrte Zugänge. Viel ist nicht los zur Mittagszeit im Bettenlager. Die meisten unfreiwilligen Übernachtungsgäste laufen auf dem Flughafengelände umher, vertreten sich die Füße, schnappen frische Luft. Einer der wenigen, die ihre Betten besetzen und auf das Gepäck aufpassen, ist Jair Pereira. „Ich habe jetzt schon zwei Nächte hier verbracht“, sagt der 52-Jährige. „Und keiner sagt mir, wie viele es noch werden.“ Wenigstens ist er nicht alleine: Sein drei Jahre älterer Bruder Mario döst auf der Liege neben ihm, sein Neffe ist im Kempinski-Hotel untergekommen – auf Kosten seines Arbeitgebers. „Von der Lufthansa wurde uns noch nichts angeboten“, sagt Pereira. Mit der Versorgung ist er nicht zufrieden: „Von Wasser, einem kleinen Sandwich plus Apfel und Banane werde ich nicht satt.“

Ob der Magen knurrt, das scheint Jenny Mullen, Studentin aus Sevilla, egal zu sein. Ihr einziger Gedanke: „Ich will hier weg.“ Seit Tagen durchkreuzt der Vulkanausbruch in Island ihre Pläne. Zuerst wurde nichts aus dem Treffen mit einer Pariser Freundin in Salzburg, „und jetzt das hier“.

Die 20-Jährige sitzt auf dem Boden vor dem Ticketschalter der Bahn, inmitten von dichtem Gedränge. Drei Angestellte sind zu sehen, doch es geht kaum etwas voran. „Hier tut sich überhaupt nichts“, sagt die 20-Jährige genervt. „Der Mann dort vorne steht schon seit einer Stunde am Schalter.“ Bislang sieht es so aus, dass sie am Dienstagabend mit dem Zug nach Madrid kann. „Aber was soll ich so lange in München? Ich kenne hier doch niemanden!“

Wenn aus einem früheren Zug nichts wird, will sich Jenny nach dem Bettenlager erkundigen. Dann lächelt sie: „So frustrierend es hier ist, die Reise nach Salzburg war es wert.“ Die Schlange hat sich noch immer nicht bewegt.

Glücklich, wer eines der wenigen verfügbaren Autos ergattert. So wie Stefan Gouerec. Der Techniker will nach Brest in Frankreich. Geschätzte Fahrzeit: 14 Stunden. „Zum Glück komme ich hier weg.“ Wie es weitergeht, weiß endlich auch die Russin Irina Krutilina: „Aeroflot hat uns zwei Nächte im Hotel bezahlt, jetzt haben wir eine Zugverbindung über Ulm und Prag nach Moskau gebucht.“ Über die Fahrtzeit macht sie sich besser keine Gedanken: „Mehr als 40 Stunden Fahrerei statt drei Stunden Flug.“

Vanessa Assmann

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