Geschwisterhass-Prozess: Vier Jahre und neun Monate Haft
MÜNCHEN - Hartes Urteil: Das Münchner Landgericht hat die Studentin Alexandra I. zu vier Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Sie hatte ihrem Bruder mit einem Baseballschläger auf dem Kopf geschlagen.
Gefasst nahm die Maschinenbau-Studentin Alexandra I. (25) das Urteil des Münchner Landgerichts entgegen: vier Jahre und neun Monate Gefängnis wegen gefährlicher Körperverletzung. Sie hatte am 24. Juni 2008, gegen 18.30 Uhr, in der elterlichen Wohnung in Uffing am Staffelsee ihrem Bruder Thomas (19) aus Wut einen Baseballschläger auf den Kopf geschlagen. „Der hat wieder so saudämlich gegrinst. Ich habe nur gedacht, der kriegt jetzt eine drauf“, sagte die Studentin während der Verhandlung.
Ursprünglich war die Tat als Mordversuch angeklagt. Das Schwurgericht meinte, dass die Angeklagte zunächst versucht hatte, ihren Bruder umzubringen. Während der Tat ließ sie von ihrem Vorhaben ab, zielte mit dem Baseballschläger nicht mehr gegen den Kopf. Mildernd wurde noch die familiäre Situation angerechnet.
Über Jahre hatte sich der Geschwister-Hass angestaut. Sie, die Zweitälteste von fünf Geschwistern, empfand ihren Bruder schon bei seiner Geburt als „Eindringling“. Der Vater habe in Thomas endlich seien Stammhalter gesehen. Sie und ihre ältere Schwester mussten für alles kämpfen. Dem jüngeren Bruder fiel alles in den Schoß.
Der Vater gibt Fehler zu, der Sohn sitzt in der Psychiatrie
„Wir mussten gut in der Schule sein. Wenn wir mal eine vier oder fünf nach Hause gebracht habe, gab es gleich Ärger. Bei Thomas war es egal“, so die Angeklagte. 2003 hatte sie das Elternhaus verlassen. Als ihr 2006, nach dem Wechsel von der TU auf die FH, das Bafög gestrichen wurde, musste sie wieder zu den Eltern ziehen.
Der Vater gab im Prozess zu, dass er Fehler gemacht habe und vielleicht mit der Tochter zu streng gewesen sei. Thomas, der damals mit einer Platzwunde und Hämatome davon kam, leidet inzwischen selbst unter dem Vorfall. Er macht sich Vorwürfe, dass seine Schwester wegen ihm im Gefängnis sitzt. Der Gymnasiast ist derzeit wegen Depressionen in einer Psychiatrie.
Der Staatsanwalt hatte sieben Jahre Haft gefordert. Strafverteidiger Michael Röhrig hielt eine Bewährungsstrafe für ausreichend: „Ich finde das Urteil sehr hart. Ich werde es mit meiner Mandantin besprochen, ob wir in Revision gehen“.
Torsten Huber
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