Gentrifizierung in München: Mieter wegen Sanierung in der Klenzestraße in Angst
München - Die Gentrifizierung im Gärtnerplatzviertel ist ein bekanntes Problem. Immer mehr Menschen müssen ihr Viertel verlassen, weil sie sich nach Sanierungen oder Abriss und luxuriösen Neubauten die Mieten nicht mehr leisten können.
Nun hat der Wohnwahnsinn auch die Klenzestraße erreicht – eine Straße, die kaum repräsentative Altbauten zu bieten hat, stattdessen viele eher schlichte Gebäude aus den 1950er Jahren.
Gentrifizierung im Gärtnerplatzviertel: 90 Mietparteien sollen ausziehen
Nun können sich viele Mieter auch hier nicht mehr sicher fühlen. "90 Parteien in vier Häusern sind schon entmietet worden oder sollen es werden", sagt Andreas Schmitz von der Mietergemeinschaft Klenzestraße 15: "Ein Haus ist bereits entmietet und soll abgerissen, die anderen drei saniert werden."
Bei einer Tour mit dem Mieterverein zu drei Wohn-Brennpunkten in der Stadt, hat die AZ mit Betroffenen gesprochen.
Neue Eigentümer in der Klenzestraße: Zur Begehung kam der Anwalt
Jahrzehntelang war das rote Haus, direkt neben der Wirtschaft "Klenze 17", im Besitz einer Familie. Mieter Andreas Schmitz berichtet: "Wir hatten ein neutrales Verhältnis zueinander, wir Mieter waren sehr zufrieden." Doch 2020 wurde das Haus verkauft – und seitdem drei weitere Male. Nun gehört es der Immobiliengesellschaft "K47", die in Grünwald ihren Sitz hat. Seitdem, so empfinden es die Mieter, ist ihr Zuhause in Gefahr.
Bei einer Begehung durch die neuen Eigentümer wurde den Mietern mündlich angekündigt, dass das Haus modernisiert werden soll. Verstörend für die Bewohner: Außer einem Architekten und dem Bauleiter kam auch gleich ein Anwalt mit.
Gentrifizierung in München: Dachgeschosse sollen zu Luxuswohnungen werden
An diesem Tag erfuhren Schmitz und seine Nachbarn, was die "K47" plant: Pro Etage sollen drei Wohnungen zu zwei zusammengelegt werden und Balkone bekommen, auch ein Lift soll gebaut werden. "Etwas Schriftliches haben wir nie bekommen", sagt Andreas Schmitz, vier seiner Nachbarn bestätigen das.
Überhaupt ist vieles völlig unklar: Bis heute wissen die Mieter nicht, ob weiterhin Mietwohnungen geplant sind. "Aber wir wissen inzwischen, dass es einen Bauantrag gibt für die Zusammenlegungen. Außerdem soll das Dachgeschoss zu einer Luxuswohnung mit Terrasse ausgebaut werden", so Schmitz. Die Garagen im Hof sollen wegen des Lifts verschwinden. "Es hieß, dass die Baumaßnahmen so massiv werden, dass wir nicht im Gebäude bleiben können", so Schmitz.
"Meine Wohnung würde nach dem Umbau gar nicht mehr bestehen." Den Mietern sei gesagt worden, sie sollten eine sechsstellige Summe nennen - und ausziehen.

Die Klenzestraße 15 ist kein Einzelfall: "Ein Klassiker für Gentrifizierung"
Von den ursprünglich 17 Parteien sind nun noch acht da. Kaum seien Mieter ausgezogen, würden Küche und Bad herausgerissen, die Wohnung unbewohnbar gemacht. Das Schicksal der Mieter im roten Haus ist kein Einzelfall in der Klenzestraße. Das Gebäude mit der Hausnummer 39 ist bereits entmietet. Das Haus in der 47 gehört denselben Eigentümern wie das rote Haus. Auch in der Nummer 45 haben die Mieter Angst.
Für die Vorsitzende des Mietervereins Beatrix Zurek "ein Klassiker für Gentrifizierung." Sie rät Betroffenen dazu, wenn sie Kündigungen erhalten haben, sich erst mal nicht dazu zu äußern, sondern das Ende der Kündigungsfrist abzuwarten – sonst könne der Vermieter bereits nach der Äußerung klagen.
Geschäftsführerin des Mietervereins sagt: "Gibt es nichts Schriftliches, ist es kein Problem"
Auch solle sich jeder vom Mieterverein individuell beraten lassen. Zurek rät zudem dazu, Mietergemeinschaften zu bilden. "Ein wesentliches Ziel ist, die Mieter gegeneinander auszuspielen und Psychodruck aufzubauen. Die Gemeinschaft gibt Stabilität und Rückhalt."
Das haben die Mieter in der Klenzestraße 15 getan. Sie haben eine Mietergemeinschaft gebildet. Gemeinsam wollen sie kämpfen. Die Zeit spielt für sie: "So lange es nichts Schriftliches gibt, ist es kein Problem", sagt Angela Lutz-Plank, Geschäftsführerin des Mietervereins. "Je nachdem, wie lange man schon in einer Wohnung wohnt, liegt eine Kündigungsfrist zwischen neun Monaten und einem Jahr. Dass man raus muss, kann sich über Jahre hinziehen."
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