„Geld ist langweilig“
Reinhold Messner spricht bei einem Symposium vor Unternehmern – und erklärt im AZ-Interview, was richtiges Wirtschaften mit Bergsteigen zu tun hat.
AZ: Haben Sie Aktien?
REINHOLD MESSNER: Nein. Ich habe das große Glück gehabt, in den letzten zehn Jahren mein ganzes Geld in die Struktur des Messner Mountain Museums gesteckt zu haben. Das Museum frisst immer noch mehr Geld, als ich selber verdienen kann. Aber das krieg’ ich schon hin.
Welche Rolle spielt Geld in ihrem Leben?
Ich habe immer nur Ideen in die Tat umgesetzt. Dafür brauchte ich Geld. Als ich mit 40 Jahren keine Rente in Aussicht hatte, habe ich das erste Mal investiert, weil ich mir plötzlich vorstellen konnte, dass ich älter werde als 40. Vorher konnte ich mir das gar nicht vorstellen. Und dann habe ich einen Selbstversorgerbauernhof in Südtirol auf die Beine gestellt.
Warum ist die Finanzkrise Ihrer Ansicht nach entstanden?
"Die westliche Welt hat den Hals nicht vollgekriegt"
Weil die westliche Welt den Hals nicht vollkriegte. Aber das waren nicht nur die Banker oder die Politiker – es waren auch die normalen Anleger. Alle wollten immer noch mehr. Es war nicht die Gier weniger Leute. Es war die Gier einer großen Anzahl.
Warum sind Sie als Bergsteiger der Richtige, um auf einem Symposium der „Vermögensakademie“ zu sprechen – vor mittelständischen Unternehmern?
Ich bin dazu eingeladen worden. Mein Zugang zu Vermögen ist ein anderer als der eines Bankers oder Unternehmers. Ich unternehme eine Expedition. Aber dabei geht es nie um das, was ich nachher davon habe. Ich lebe von dem Abfallprodukt dessen, was mir wichtig ist. Wichtig ist mir die Expedition selbst.
Kann man die Erfahrung aus dem Bergsteigerbereich überhaupt übertragen auf die Wirtschaftswelt?
Ja, kann man. Wenn ich ein Unternehmen aufbaue, muss ich wissen, wo mein Berg steht. Das muss auch der Unternehmer wissen. Dann muss ich die Logistik festlegen – vorher und nicht nachher. Ich muss den Inhalt haben, bevor ich eine Struktur baue. Viele machen erst die Hülle und dann den Inhalt. Das ist Blödsinn! Dann brauche ich Mitstreiter. Gute Leute. Wenn ich der Leader des Unternehmens bin, muss ich Sprecher der Idee sein. Ich muss es schaffen, dass die Leute sich damit identifizieren. Sonst bin ich kein guter Leader.
Was ist für Sie eine gute Investition?
Wenn ich 100000 Euro habe, investiere ich nicht in Immobilienfonds, dann kaufe ich mir eine Wohnung oder ein Schloss. Wenn ich selber investiere, habe ich die Freude des Aussuchens, des Vorbereitens. Und die Freude, wenn es gelingt. Ich habe aus den Mitteln viel mehr Wert gezogen, als wenn ich auf der Bank eine Zahl stehen habe, die heute 100000 wert ist, morgen 90000 und übermorgen 110 000. Geld an sich ist doch langweilig.
Muss man als Bergsteiger nicht auch ein Zocker sein?
Nein. Dann leben sie nicht lang. Die Kunst des Bergsteigers besteht darin, dorthin zu gehen, wo man jeden Moment umkommen kann – und dabei nicht umzukommen. Ich muss die Schwierigkeiten überwinden – und den Risiken Schritt für Schritt ausweichen.
Julia Lenders
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