Gehört das Kreuz in Bayerns Schulen? Darüber hat jetzt ein Gericht entschieden

Bayern gilt noch heute als besonders katholisch, Ministerpräsident Söder betont stets: "Das Kreuz gehört zu Bayern". Doch ein Gericht setzt dem nun Grenzen. So lautet die Entscheidung zugunsten zweier Ex-Schülerinnen.
von  Ralf Müller
Markus Söder kämpfte 2018 für den bayerischen Kreuzerlass, wonach in jedem staatlichen Gebäude ein Kruzifix hängen soll. (Archivbild)
Markus Söder kämpfte 2018 für den bayerischen Kreuzerlass, wonach in jedem staatlichen Gebäude ein Kruzifix hängen soll. (Archivbild) © Peter Kneffel/dpa

Rückschlag für die Pro-Kruzifix-Strategie der Bayerischen Staatsregierung: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat mit einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil festgestellt, dass ein im Eingangsbereich eines staatlichen Gymnasiums angebrachtes Kruzifix hätte abgehängt werden müssen.

Die Weigerung der Schulleitung, das Kreuz auf Antrag zweier Schülerinnen zu entfernen, sei rechtswidrig gewesen.

Kreuz verstößt gegen negative Glaubensfreiheit

Die zwei jungen Frauen, die mittlerweile ihr Abitur abgelegt haben, hatten sich an dem Kreuz gestört, das im Eingangsbereich des Hallertau-Gymnasiums in Wolnzach (Kreis Pfaffenhofen an der Ilm) auf einem Stützpfeiler neben der Haupttreppe angebracht war. Der BayVGH stützt sein Urteil auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) in dessen "Kruzifixbeschluss".

Danach ist in der Konfrontation mit dem religiösen Symbol ein Eingriff in die verfassungsrechtlich verbürgte "negative Glaubensfreiheit" zu sehen. Darunter ist die Freiheit zu verstehen, keiner Religion anzugehören.

Ex-Schülerinnen seien "zwangsweise" mit Kruzifix konfrontiert worden

Die Frauen seien wegen ihrer Schulpflicht "zwangsweise und immer wiederkehrend" mit dem "groß dimensionierten" Kruzifix (150 mal 50 Zentimeter) konfrontiert worden. Die Entscheidung des BayVGH wäre möglicherweise anders ausgefallen, wenn das Anbringen des Kreuzes auf einem formellen Gesetz des Landtags beruht hätte, deuteten die Richter an. So aber gebe es bis jetzt keine gesetzliche Regelung für das Anbringen von Kreuzen und Kruzifixen.

Das BVerwG hatte freilich in einem Urteil vom Dezember 2023 festgestellt, dass der sogenannte bayerische Kreuzerlass die Rechte anderer Weltanschauungsgemeinschaften nicht verletzt. Der "Bund für Geistesfreiheit" hatte gegen die im Jahr 2018 in Bayern in Kraft getretene Verwaltungsvorschrift geklagt, wonach in jedem staatlichen Gebäude ein Kreuz aufgehängt sein muss.

Klage gegen Schul-Gottesdienste erfolglos 

Die Kläger, so das BVerwG, könnten sich insbesondere nicht auf den "Konfrontationsschutz" berufen, weil durch die Kreuze keine Bevorzugung christlicher Glaubensgemeinschaften gegeben sei. Die Kreuze, so das Leipziger Bundesgericht damals, sollten vielmehr Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns sein.

Keinen Erfolg hatte die jetzt entschiedene Klage zweier Ex-Gymnasiastinnen, soweit sie sich gegen die Verpflichtung zum Alternativunterricht wandte. Der Schulleiter hatte angeordnet, einen solchen Alternativunterricht zu besuchen, sofern Schüler an dem dreimal im Jahr stattfindenden Schulgottesdienst nicht teilnehmen wollten.

Der Besuch von Schulgottesdiensten könne den Schülern zwar nicht vorgeschrieben werden, daraus könne jedoch nicht ein Anspruch abgeleitet werden, für deren Dauer vom Unterricht befreit zu werden, führte der BayVGH aus.

CSU: Kreuz-Haltung wird nicht infrage gestellt 

Der Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion Klaus Holetschek bedauerte in einer ersten Reaktion die BayVGH-Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Das Kreuz stehe nicht nur für den christlichen Glauben, sondern auch für Werte wie Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Verantwortung füreinander. Die Grundsatzentscheidung der Bayerischen Staatsregierung zur Anbringung von Kreuzen in staatlichen Gebäuden wird durch dieses Urteil nicht infrage gestellt, betonte der CSU-Politiker.

Der Verwaltungsgerichtshof habe ausdrücklich die besonderen Umstände des Einzelfalls betont – insbesondere die exponierte Platzierung und die konkrete Ausgestaltung des Kruzifixes. Daraus ergebe sich keine Notwendigkeit, allgemeine Vorschriften oder Verwaltungsregelungen zu ändern. "Für uns als CSU ist klar: Das Kreuz gehört zu Bayern", so Holetschek.

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