Gegen Personalnot: Münchner Studenten sollen für die MVG Trambahn fahren

München - Wer in München an einer Bushaltestelle steht, merkt es sofort: Nicht nur, weil der Takt ausgedünnt ist, sondern auch, weil es brettlbreit auf den Anzeigetafeln steht: "Wegen Personalengpässen kommt es zu Änderungen im Fahrplanablauf". Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) hat ein Personalproblem. Und dieses will man nun kreativ lösen.
Denn der Mangel ist drastisch. Um einen normalen Fahrplan aufrecht erhalten zu können, fehlen der MVG derzeit 50 Busfahrer, rechnet MVG-Chef Ingo Wortmann vor. Und auch bei der Trambahn herrscht Mangel: Hier fehlen 60 Mechatroniker und Elektriker. Das bedeutet: Trambahnen können nicht mehr so schnell gewartet und repariert werden.
In München gibt es zu wenig Bus- und Trambahnfahrer
"Für die Zukunft betrachtet wird es nicht besser", sagte Wortmann am Dienstagabend beim MVV-Sommerempfang. Perspektivisch würden weitere 100 Fahrer fehlen und 60 weitere Mechatroniker. Und es kommt noch ärger: "Bis 2030 fehlen uns 700 Mitarbeiter."
Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen gehen in den kommenden Jahren viele Fahrer und Techniker in Rente. Und bei den Jungen ist Schichtdienst, vor allem Wechseldienst, nicht sehr beliebt.
Personalnot bei der MVG: Nach Corona sind viele Fahrer zurück in die Gastronomie gewechselt
"Wir hatten nach Corona auch viele Wechsler zurück in die Gastronomie", sagte Wortmann. Menschen also, die in Zeiten der Gastro-Schließungen einen Bus- oder Tramführerschein gemacht haben, nun aber doch wieder lieber in Cafés und Restaurants arbeiten.
Dabei setze man inzwischen auf Wunschdienstpläne, bei denen Mitarbeiter angeben können, ob sie lieber morgens, abends oder nachts arbeiten wollen. "Wir haben eine hohe Erfüllungsquote", sagte der MVG-Chef. Und auch die Löhne seien angepasst worden. So verdienen Busfahrer inzwischen sowohl beim Mutterkonzern, als auch beim MVG-Tochterunternehmen dasselbe.
Werkswohnungen, Ausbildung im Ausland: Die MVG hat viele Strategien gegen die Personalnot
Um das Personalproblem zu lösen, setzt die MVG auf verschiedene Strategien. Zum einen natürlich Werkswohnungen. Aber auch im Ausland wird ausgebildet: Derzeit machen in Spanien 20 Menschen eine Busfahrerausbildung, um sich dann in München hinters Lenkrad zu setzen. Und: In München werde man die Ausbildung bald auch in Teilzeit machen können.
Aber auch andere Ideen gibt es. "Wir wollen mehr Rentner beschäftigen", sagte Wortmann. Wer im Alter noch fahren möchte, solle das auch tun dürfen.
Idee gegen den Personalmangel: Werkstudenten sollen Münchner Trambahnen lenken
Am kreativsten ist aber sicherlich die neue Initiative der MVG: Für die Trambahnen sollen Studenten angeworben werden. Die sollen dann vor oder nach einer Vorlesung ein paar Stunden eine Trambahn fahren.
In Magdeburg gibt es solche Projekte bereits. Hier fahren Studenten auf Minijob-Basis Trambahn. Und auch Wortmann erinnert sich an einen Kollegen aus einer anderen Stadt, der ihm berichtet habe, dass er zu Studienzeiten vor der Uni noch drei Stunden Trambahn gefahren sei. "Der meinte, er sei in der Vorlesung viel fitter gewesen als die anderen", so Wortmann.
In den kommenden Wochen will die MVG starten, Studenten mit einer Personalmarketingoffensive vom Job als Trambahnfahrer zu überzeugen. Angestellt werden sollen die jungen Fahrer als Werkstudenten. Schwierig sei der Einstieg übrigens nicht, sagte Wortmann zur AZ: "In drei bis vier Monaten kann man den Trambahnführerschein machen."