Gasteig-Verbot für Rollstuhl-Fahrer
München - Eigentlich wollten Oswald Utz und seine dreijährige Tochter Magdalena kommenden Sonntag in „Conni“ gehen, ein quietschbuntes Kindermusical, das gerade im Gasteig läuft. Es sollte ein fröhlich-leichter Start ins neue Jahr werden, ein schöner Familienausflug zu zweit. Doch den hat München Ticket den beiden nun ordentlich verhagelt.
Nur er und die Kleine, das ginge nicht, hieß es bei dem Kartenservice. Mit einem zusätzlichen Erwachsenen als Begleiter – gerne. Aber nur Utz und seine Tochter – ein kategorisches Nein. Das ließen die Vorschriften nicht zu.
Nun muss man dazu wissen: Oswald Utz ist kein Ticket-Kunde wie jeder andere. Der 49-Jährige hat die Glasknochenkrankheit und ist an den Rollstuhl gebunden. Entsprechend kompliziert gestaltete sich für ihn manchmal die Kartenbeschaffung. Aber so absurd wie dieses Mal ist es noch nie gelaufen.
„Es gibt Tage, da schmerzt mich der Rollstuhl“
Mehrere Stellen bei München Ticket musste Utz kontaktieren, um am Ende herauszufinden: keine Chance. Nicht online, nicht per Telefon und auch nicht am Schalter – für ihn und seine Tochter gibt es keine Möglichkeit, an Karten zu kommen. „Es gibt Tage, da schmerzt es mich, in unserer Stadt auf den Rollstuhl angewiesen zu sein“, schrieb Utz voller Gram bei Facebook.
Indes glaubt Utz den Grund zu kennen, warum man ihm partout keine Karten verkaufen will: Behinderten traue man grundsätzlich einfach nichts zu. „Die glauben, nur weil ich im Rollstuhl sitze, kann ich nicht auf meine Tochter aufpassen“, sagt Utz. Dabei führe er ein ganz normales Leben, sei berufstätig, sitze für die Grünen sogar im Stadtrat. „Und sollte es tatsächlich brennen, bin ich mit meinem Elektrorolli wahrscheinlich auch einer der Ersten, der draußen ist“, sagt Utz.
München Ticket beruft sich auf gültige Versammlungsstättenverordnung
Bei München Ticket beruft man sich auf die bayernweit gültige Versammlungsstättenverordnung. Darin ist festgelegt, dass an jedem Veranstaltungsort sichergestellt werden muss, dass auch Menschen mit Behinderung im Notfall unbeschadet das Gebäude verlassen können.
In den meisten Häusern, so Susanne Maier, die Verwaltungschefin von München Ticket, führe das dazu, dass Rollstuhlfahrer Veranstaltungen nicht ohne erwachsene Begleitperson besuchen dürfen.
Utz findet diese Antwort derweil nicht sonderlich befriedigend. „Die machen sich einen schlanken Fuß“, schimpft er. Schließlich gebe es durchaus auch andere Möglichkeiten, diese Vorschriften zu erfüllen. Etwa, indem man zusätzliches Sicherheitspersonal bereitstelle.
Utz: Regeln müssen überarbeitet werden!
Das mit dem fröhlich-leichten Start ins neue Jahr hat Utz jedenfalls schon wieder aufgegeben. Schließlich ist er nicht nur Stadtrat, sondern auch Behindertenbeauftragter der Stadt. Und als solcher findet er: An die ärgerliche Versammlungsstättenverordnung muss man ran. Die müsse neu ausgelegt werden.
Auch bei gebrechlichen Menschen, so Utz, sei schließlich nicht garantiert, dass sie sich im Notfall aus eigener Kraft retten können. Da brauche man aber keine Begleitperson. „Sobald ich mit dem Rolli dastehe, soll ich aber eine zweite Karte erwerben.“
Vorläufig hat sich Utz nun mit einem Trick beholfen: Er hat für seine Tochter auch einfach eine Erwachsenenkarte gekauft. Das kostet zwar ein paar Euro mehr, erspart einem aber auch viel Ärger.