Ganz ohne Chemie
MÜNCHEN - In den vergangenen neun Monaten wurde gebaggert und gestaltet, jetzt ist das neue Baby der Stadtwerke fertig: Am Freitag wurde das Bad Maria Einsiedel wiedereröffnet – als größtes Naturbad Deutschlands.
Im wiedereröffneten Maria Einsiedel wird das Wasser nur noch biologisch gereinigt. Auf Chlor wird in der Zentralländstraße künftig verzichtet. „Trotzdem ist die Wasserqualität besser als in Badeseen“, versicherte der SWM-Chef Kurt Mühlhäuser.
Für viele ist es schon immer das schönste Schwimmbad Münchens gewesen: direkt an den Isarauen gelegen, mit knorrigen alten Bäumen und einem langen Isarkanal. Trotzdem hatten die Stadtwerke (SWM) in den 90er Jahren überlegt, das Bad aufzugeben. Die Zäune sollten entfernt und die Anlage aus dem Jahr 1899 einfach sich selbst überlassen werden. Doch dazu kam es nie. Stattdessen wurde das Maria Einsiedel jetzt für 3,3 Millionen Euro umgebaut.
dünne Algen-Schicht an den Beckenwänden
Dort, wo früher die normalen Becken lagen, erstreckt sich jetzt eine große, grünlich wirkende Wasserfläche über 2750 Quadratmeter. Grünlich wirkt das Wasser aber nur deshalb, weil die Becken mit einer farbigen Folie ausgekleidet sind. Durch einen Holzsteg ist der Nichtschwimmer-Bereich vom 50-Meter-Becken für Schwimmer getrennt. Für manche vielleicht gewöhnungsbedürftig: An den Beckenwänden hat sich bereits eine dünne Algen-Schicht gebildet. Dafür bekommt man vom Tauchen nie wieder rote Augen.
Wie funktioniert das? Das Badewasser wird biologisch gereinigt, und zwar in einem separaten „Regenerationsbereich“. Dieser besteht aus zwei Teilen: Aus einem Kiesteich, der mit Lilien und Seerosen bepflanzt ist. Und aus zwei unsichtbaren Kiesbodenfiltern, die sich unter eine Liegewiese befinden. „Später wird das Ganze aussehen wie ein natürliches Biotop. Das wird idyllisch“, versichert die Bäderchefin Christine Kugler.
Die Kurzerklärung des komplexen Prozesses: Mikroorganismen, Kleinstlebewesen, Pflanzen und die Kiesfilter säubern das Wasser. Ganz ohne Chemie. Pflanzen, die in einem speziellen Filtersubstrat wurzeln, nehmen Nährstoffe auf und binden sie in Biomasse. Die entstehenden Algen werden mechanisch abgefischt. Die Wasserqualität wird von Messgeräten und vom Personal, das permanent Proben entnimmt, überprüft. Deutschlandweit gab es bisher 99 Naturbäder, das Maria Einsiedel ist das 100.
Nur vereinzelte Schaulustige
Obwohl der Eintritt am Freitag noch kostenlos war, fanden nur vereinzelte Schaulustige den Weg in die Zentralländstraße. Und die ließen angesichts der kühlen Temperaturen ihre Badesachen lieber eingepackt. Damit die Becken aber nicht ganz so verwaist wirkten, heuerten die Stadtwerke ihre Azubis an. Unerschrocken stürzten sich diese ins (exakt 22 Grad) kalte Nass – und posierten für die Fotografen. Die anderen Münchner Bäder sind übrigens mit 24Grad entscheidende zwei Grad wärmer.
Einige Stellen der Liegewiese sind nach dem umfassenden Umbau noch kahl. Aber wenn das Gras wieder gewachsen ist, passen bis zu 5000 Menschen ins Maria Einsiedel. „Manche Besucher sind echte Fans“, sagt SWM-Chef Kurt Mühlhäuser. Er ist sicher, dass heuer noch ein paar mehr dazu kommen werden. „Was Natur und Schwimmen angeht, ist das hier ein echtes Kleinod geworden.“
Julia Lenders
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