Für BMW brechen düstere Zeiten an

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MÜNCHEN - Die Verkaufszahlen sind im Keller. Es herrscht die blanke Tristesse in Milbertshofen und am Hart: Ein Ortstermin beim Autobauer.
Durch die Dostlerstraße in Milbertshofen fahren in einer Reihe BMWs an den Werkstoren vorbei. Alles neue Modelle, alle schwarz und blank poliert. Am Steuer sitzen Männer in Anzug und Krawatte, mit ernsten Gesichtern. Es ist ein schlechter Tag, eine schlechte Woche für BMW.
An der Einfahrt zum BMW-Werk 1.1 ist heute Vormittag nichts los. Kein Betrieb, keine Schichtwechsel. Die Sonderhaltestellen, wo sonst Arbeiter aus Bussen ein- und aussteigen, sind verwaist. Seit Montag liegt in den BMW-Werken in München, Regensburg und Dingolfing die Auto-Produktion auf Eis. 40000 Mitarbeiter haben Zwangsurlaub. Nächste Woche soll es wieder weitergehen.
Auf der anderen Straßenseite macht ein BMW-Mitarbeiter eine Zigarettenpause. Er hat als Werkzeugbauer noch zu tun, ist um die 60 und schon lange beim Automobilkonzern angestellt – er kennt diese Situation. „Das war vor fünf Jahren doch genau dasselbe“, sagt er. Damals musste die Produktion des 3er-BMWs unterbrochen werden, weil ein ostdeutscher Getriebezulieferer streikte. „Bei uns ist momentan alles ganz normal. Eigentlich.“ Nur die Zeitarbeiter, die seien halt schon weg. „Es war klar, dass es mit der Steigerung nicht immer so weitergehen kann.“
"Die Zeitarbeiter sind schon seit Sommer weg"
Johann Stadler, den Kioskpächter am Olympiazentrum, trifft der Produktionsstopp dagegen mit voller Wucht. „Gut die Hälfte aller BMW-Mitarbeiter, die mit der U-Bahn zur Arbeit fahren, kaufen bei mir.“ Sie sind Stadlers beste Kunden. Oder waren – es kommt keiner mehr. „Die Zeitarbeiter sind schon seit Sommer weg“, erzählt er. Der erste schwere Schlag. Seit Montag fehlen auch die Festangestellten. „Vor allem im Winter mache ich mit ihnen meinen Hauptumsatz.“ Zeitungen, Zigaretten, Brotzeit, Kaugummi, Lottoscheine, mal ein Schnaps.
Stadler hat reagiert: Die zwei Vollzeitstellen reduzierte er auf drei Halbtagsstellen. „Es nutzt ja nix. Und so bin ich einfach flexibler.“ Wenn bei BMW wieder mehr gearbeitet wird, geht’s auch hier wieder in die Vollen.
Von den neuesten Zahlen weiß er noch nichts. Stadler ahnt nicht, dass die Produktion noch stärker eingeschränkt, Werke mehrere Wochen geschlossen und unter Umständen weitere Stellen gestrichen werden könnten.
Im Forschungs- und Innovationszentrum (FIZ) von BMW am Hart ist von der Krise bislang noch nichts zu spüren – die neuesten Pläne des Unternehmens sind selbst den Angestellten noch unbekannt. Einer erzählt: „Natürlich, die Rahmenbedingungen sind in letzter Zeit schon schwieriger. Aber wir schreiben schwarze Zahlen. Im Vergleich zu vielen Mitbewerbern geht es BMW gut. Am Betriebsklima merkt man nichts.“
Auch hier wird es zuerst die externen Mitarbeiter treffen: „Wir spüren, dass bei BMW gespart wird. das ist schon länger der Fall. Die Projekte mancher Kollegen wurden einfach eingestellt“, sagt ein externer BMW-Angestellter, der im FIZ Antriebe für den Automobilhersteller entwickelt. Das sei ganz normal, wenn Geld gespart werden müsse. Genügend Projekte gäbe es – „nur das Budget wird knapper und die Arbeit auf weniger Leute verteilt.“ Wie immer in Krisenzeiten.
Christoph Landsgesell
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