Fünf Stufen zum perfekten Drink

Die „Falk’s Bar“ im „Bayerischen Hof“ wird heute zehn Jahre alt. Grund genug, Bar-Chef Jan Schaefer auf einen Drink zu treffen.
Natalie Kettinger |
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Seit drei Jahren ist Jan Schaefer Bar-Chef der "Falk's Bar". Der 31-Jährige hat in "Harry's New-York Bar" gelernt und unter anderem im Sofitel gearbeitet. Foto: Bayerischer Hof
Seit drei Jahren ist Jan Schaefer Bar-Chef der "Falk's Bar". Der 31-Jährige hat in "Harry's New-York Bar" gelernt und unter anderem im Sofitel gearbeitet. Foto: Bayerischer Hof

Die „Falk’s Bar“ im „Bayerischen Hof“ wird heute zehn Jahre alt. Grund genug, Bar-Chef Jan Schaefer auf einen Drink zu treffen.

Gin oder Whiskey  – der Trend geht zum Klassiker: Bar-Chef Jan Schaefer im AZ-Interview über Tringewohnheiten und prominente Gäste

AZ: Herr Schaefer, ist Hugos eigentlich noch in?
JAN SCHAEFER: Hugos ist ein Drink, der Männern und Frauen schmeckt und schnell zuzubereiten ist. Ein toller Drink für eine Hotelbar, aber nicht mehr ganz am Puls der Zeit.

]Was ist der neue Trend?
Ich glaube, dass Gin-Drinks weiter forciert werden, dass Whisky und Wodka wieder zum Thema werden – und dass man klassischer mixt, weniger bunt, mit weniger Zutaten, eben einfacher.

Was hat es mit dem Rosé-Champagner-Hype auf sich?

Rosé ist jedes Jahr ein Thema, wenn es warm wird. Neu ist eher das Thema „halbtrocken“. Ein großes Champagner-Haus hat vor ein paar Jahren den Vorstoß gewagt, halbtrockenen Champagner auf den Markt zu bringen und ihn auf Eis anzubieten – eigentlich ein No-Go. Jetzt versucht man zu zeigen, dass man den etwas in die Jahre gekommenen Champagner auch anders trinken kann.

„Moderner“?
Ja – in großen Bechern, auf Eis, mit Minze. Die Champagner-Häuser bewegen sich dabei ein bisschen in Richtung Mainstream.

Das heißt: Auch Getränke unterliegen dem Zeitgeist?
Das Trinkverhalten ändert sich. Und lässt sich beeinflussen. Viele Hersteller platzieren ihre Produkte heute ganz bewusst – und dann kommen die Gäste zu uns, erzählen, dass sie unlängst in der Lufthansa-Business-Lounge ein spezielles Magazin gelesen haben, und fragen nach einem ganz bestimmten Gin oder Wodka. Heute trinkt man eher weniger als früher, gibt dafür aber drei, vier Euro mehr aus.

Wie viele Drinks bestellen die Gäste bei Ihnen?
]Im Durchschnitt sind das zwei pro Abend.

Wen trifft man heutzutage an der Hotelbar?
Wir haben 50 Prozent Hausgäste, 50 Prozent Münchner Publikum und wahnsinnig viele Stammgäste, teilweise noch aus Zeiten der „Tagesbar“, die es hier gab, bevor 2002 die „Falk’s Bar“ eröffnet wurde. Wir haben Gäste jeder Altersgruppe und aus jeder Klientel. Bei uns am Tresen sitzen Biertrinker und klassische Cocktail-Trinker.

Nennen Sie ein paar Namen!
]Natürlich nicht! Aber wenn man „Bunte“, „Gala“ und Co. aufschlägt und sich blind jemanden raussucht, war der bestimmt schon mal da.

Sie stammen aus Berlin. Trinken die Münchner anders als die Menschen dort?

Auffällig ist, dass im süddeutschen Raum Obstler, Geiste und Spirituosen ein bisschen besser gehen.Das ist eigentlich auch ganz logisch: In diesem Bereich kommen die Global Player unter den Herstellern aus Österreich, der Schweiz und Süddeutschland. Dementsprechend ist ihr Einzugsgebiet. Der Bierkonsum ist auch höher. In den letzten Jahren werden hier in München außerdem sehr viel offene Weine nachgefragt – die waren vorher nie ein Thema.

Ihre Karte hat über 40 Seiten. Wie viele Drinks können Sie mixen?

Mindestens alle, die drauf sind – also 120. Und wenn ich einen guten Tag habe, fallen mir durchaus 200 ein. Es können auch mehr sein. Ich sage immer: Eine Bar funktioniert auch ohne Karte. Mit fünf gezielten Fragen kann ich Ihnen rauslocken, welchen Drink Sie haben möchten.

Wollen wir das einmal durchspielen?
Das können wir machen. Cocktail? Mit oder ohne Alkohol?

Wir trinken einen Cocktail. Mit Alkohol.
Ihre Lieblings-Spirituose?

Rum.
Sind Sie experimentierfreudig und wollen wir vielleicht ein bisschen in die Liquid-Kitchen-Richtung gehen? Das heißt, dass wir mit Kräutern und Gewürzen arbeiten.

Sehr gerne.
Es ist 18.15 Uhr. Also gehen Sie wahrscheinlich noch essen und brauchen deshalb einen Aperitiv. Süß-sauer? Und vertragen Sie irgendetwas gar nicht?

Es darf gerne süß-sauer sein und ich vertrage alles.
Dann hätte ich schon den passenden Drink für Sie, den wir auch auf unserer Karte haben. Er nennt sich „Kitchen“: dunkler Rum mit rotem Wermut, der den Appetit anregt, mit frischem Zitronensaft, ein bisschen Thymian und Karamellsirup, aufgegossen mit frischem Orangensaft, mit einer Zeste abgespritzt und einem kleinen Thymianzweig garniert.

Das klingt verführerisch. Können Sie Ihren Gästen eigentlich beim Betreten der Bar schon ansehen, was sie trinken werden?

Wenn wir Zeit haben, machen wir gerne lustige Spielchen und raten, wer was bestellen wird. Die Trefferquote dabei ist relativ hoch.

Manche Gäste möchten auch einfach getröstet werden. Was ist Ihre Empfehlung gegen Liebeskummer?
Champagner oder Single Malt. Das sind meine Lieblingsgetränke. Und jeder Bartender verkauft – wenn es funktioniert – die Sachen, mit denen er sich sehr gut auskennt, über die er viel erzählen kann, damit der traurige Gast auf andere Gedanken kommt. Wenn Sie Kummer haben, aber eigentlich gar keinen Whiskey wollen, schaffen wir es garantiert, dass wir einen finden, der Ihnen schmeckt. Und ich werde Sie so lange mit dem Whiskey beschäftigen, dass Sie schon wieder vergessen haben, warum Sie eigentlich bei mir am Tresen sitzen.

Das klingt nach viel Routine.
Es ist eine wichtige Aufgabe des Bartenders, dass er aufmerksam ist, dass er zuhört, dass er übers politische Geschehen Bescheid weiß und die Tagespresse im Kopf hat. Wer nicht offen auf die Gäste zugehen kann, ist hier falsch.

Muss man als Barkeeper trinkfest sein?

Nein. Wir haben hier eine 0,0-Promille-Policy.

Wie machen Sie einem Gast klar, dass er nichts mehr bekommt?
Das wird jetzt zur Wiesn-Zeit wieder besonders lustig. Man sollte einen Gast nie belehren und ihm nie sagen: Es gibt jetzt nichts mehr. Besser ist es, wenn man ihn zum Nachdenken anregt – dass man nur in seinem Sinne und im Sinne seiner Gesundheit das Beste für ihn möchte. Gibt man ihm dann ein paar Minuten Bedenkzeit, wird er von selbst einsehen, dass der letzte Drink immer der schlechteste ist. Vor allem am nächsten Morgen.

Im „Bayerischen Hof“ steigen zahlreiche Prominente ab. Viele lassen sich von Ihnen einen Drink mixen. Haben Sie nie Muffensausen?

]Das hatte ich eigentlich nur zwei Mal – im positiven Sinne. Ich bin mit den Bud Spencer-und Terence Hill-Filmen aufgewachsen und wollte schon immer mal Bud Spencer kennen lernen. Von der Statur her ist er meinem Vater sehr ähnlich und sie haben denselben Sport: Schwimmen. Als er dann plötzlich vor mir stand, war das schon etwas Besonderes – auch wenn da nicht der Muskelprotz aus dem Fernsehen stand, sondern ein alter Herr mit Stock. Damals habe ich zum ersten und einzigen Mal meine Eltern angerufen und gesagt: Wenn ihr jetzt losfahrt, trefft ihr ihn vielleicht noch. Das war allerdings noch vor meiner Zeit in „Falk’s Bar“.

Was hat Bud Spencer bestellt?
Ein schnödes deutsches Bier.

Wann waren Sie das zweite Mal aufgeregt?
]Als Arnold Schwarzenegger vor mir stand. Ein sehr angenehmer Mensch. Super-Stars, egal, ob aus Film oder Politik, sind sowie so die entspanntesten Gäste.

Erzählen Sie noch eine letzte Promi-Anekdote, bitte!

Da fällt mir ein Sänger ein, der wirklich bekannt ist. Er saß mit seiner Band hier in der Bar, zwei Stunden vor dem Konzert, und wollte einen ganz bestimmten Wein trinken. Ich war ein bisschen verdutzt, warum er mich so angegrinst hat, als ich ihm das Glas hingestellt habe – der wollte kein Gläschen, sondern das ganze Fläschchen. Das hat er dann geleert. Alleine. 90 Minuten vor dem Konzert hat er noch ein zweites bestellt, geleert und ist dann aufgebrochen. Ich hab’ gedacht: höchsten Respekt! Und nach dem Konzert habe ich von den Gästen gehört, dass es super war – geradezu sensationell.

Übrigens: Der „Kitchen“ war ganz hervorragend.

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