Freispruch für Anwalt: Kein Verrat an der alten Dame
MÜNCHEN - Erboste Anwaltskollegen im Gerichtssaal. Doch jetzt der Freispruch für Anwalt Alexander Frey: Er wollte einer Rentnerin helfen, das Pflegeheim zu verlassen. Angeklagt wurde er wegen Parteiverrats.
Sie ist mit der Situation unglücklich: Die 84-jährige Rentnerin Frau K. will nicht im Pflegeheim bleiben. Darum bevollmächtigt sie den Rechtsanwalt Alexander Frey, ihr dabei zu helfen. Der langjährige Lebensgefährte der alten Dame, Herr K., hilft seiner Freundin bei der Anwaltssuche. Er ist auch immer zugegen, wenn Frau K. Herrn Frey trifft. Doch jetzt musste sich Frey vor Gericht verantworten – wegen Parteiverrats. Er habe nicht nur die Interessen von Frau K. vertreten, sondern auch die ihres Lebensgefährten. Weil beides nicht miteinander vereinbar sei, wurde der Anwalt angeklagt. Am Montag sprach ihn das Gericht frei.
Es war ein Prozess der Anwälte am Montag im Münchner Amtsgericht. Mehrmals muss der Richter die aufgebrachten Juristen im Zuschauerraum zur Ordnung rufen: Sie sind erbost, dass es überhaupt zum Verfahren gegen ihren Kollegen gekommen ist.
Doch eigentlich steht ein ganz anderes Schicksal im Mittelpunkt der Verhandlung: Das der 84-jährigen Frau K., die zeitweise von ihrem Sohn (und Betreuer) daran gehindert wurde, ihren Lebensgefährten zu sehen. Das Besuchsverbot wurde bereits durch einen Gerichtsbeschluss aufgehoben, zudem ist nun eine zweite Betreuerin dafür zuständig, dass Frau K. von ihrem Lebensgefährten besucht werden darf. Das Heim verlassen kann Frau K. nicht alleine, sie hat Demenz-Erscheinungen. Anwalt Frey, der mit Pflegeexperte Claus Fussek arbeitet, hatte noch einen speziellen Fahrdienst als Lösungsvorschlag angeboten.
Die Staatsanwaltschaft bezweifelte, dass es im Interesse von Frau K. sei, die geschützte Station zu verlassen. Sie vermutete, dass dies nur der Wunsch ihres Lebensgefährten sei. Dem schloss sich der Richter gestern nicht an und sprach den Anwalt frei. In seiner Urteilsbegründung verteidigte der Richter das Verfahren der Staatsanwaltschaft, einen möglichen Parteiverrat geprüft zu haben. Frey selbst hat im übrigen Beschwerde beim Verfassungsgericht gegen das Verfahren eingelegt. Offen bleibt, ob Frau K. das Heim nochmal verlassen darf. jo
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