Finanzkrise trifft die Stadt hart
MÜNCHEN - 170 Millionen Euro weniger Gewerbesteuer – Konzerne reduzieren ihre Vorauszahlungen
Die Finanzexperten im Rathaus haben es erwartet, jetzt ist die Krise da: „Wir spüren die Einschläge schon“, sagte OB Christian Ude zur AZ. Die Finanz- und Wirtschaftskrise trifft jetzt auch das reiche München: Seit Anfang Januar sind die Gewerbesteuereinnahmen um rund 170 Millionen Euro zurückgegangen, wie die AZ erfuhr. Der städtische Finanzpuffer gegen die Krise wird damit dünner.
Am Donnerstag kam die erste gravierende Treffermeldung im Rathaus an: Ein großes Unternehmen hatte die Gewerbesteuervorauszahlung drastisch reduziert. Zusammen mit den Kürzungen anderer Firmen summiert sich das auf rund 100 Millionen Euro. Dazu kommen noch einmal rund 70 Millionen Euro, weil an einige Unternehmen Steuern aus Vorjahren zurückgezahlt werden müssen.
Darauf kommt noch eine Summe, die das Rathaus streng geheim hält, weil einige Münchner Großunternehmen schon vorher ihre Gewerbesteuerzahlungen auf Null gestellt haben.
Die Kämmerer setzt auf Krisenmanagement
Eine Prognose für die Zukunft kann keiner im Rathaus abgeben: „Das kann sich jeden Tag ändern, wir können auch keinen Kaffeesatz lesen.“
Mit dem Haushalt für das Jahr 2009 hat die Kämmerei schon mehrere Puffer eingebaut, um von der Finanzkrise nicht wehrlos überrollt zu werden. Als Erstes hat die Kämmerei die Gewerbesteuer um 290 Millionen Euro niedriger angesetzt als im Haushaltsplan ursprünglich veranschlagt war. Die Finanzer hielten die Prognosen des bundesweiten Arbeitskreises für Steuerschätzung für „zu optimistisch“ und bekommen Recht. Mit den jüngsten Steuerreduzierungen ist dieser erste Puffer bei Null angekommen.
Jetzt gibt es noch zwei finanzielle Auffang-Stellungen. Die erste: Die Stadt verzichtet dieses Jahr auf die Schuldentilgung– das wären 250 Millionen Euro. Die zweite Möglichkeit: Die Stadt erwirtschaftet keinen Überschuss im Finanzhaushalt. Das wären noch einmal 284 Millionen Euro. Die Stadt muss dann komplett von der Substanz leben.
OB Ude hatte im vergangenen Dezember erklärt, dass der Stadtrat im Notfall im Sommer eine Haushaltssperre ausrufen muss.
Hilfsprogramm des Bundes
Unkalkulierbar ist, wie viel München aus dem Sonder-Konjunkturprogramm des Bundes für Kommunen und Länder bekommt. Die Länder haben erreicht, dass von den zehn Milliarden der Anteil der Kommunen um 500 Millionen Euro auf sieben Milliarden gedrückt wird. Mit vielleicht 50 Millionen rechnet die Kämmerei, OB Ude hofft auf mehr. Beide wissen auch: Es gibt ärmere Kommunen in Bayern als München.
Willi Bock
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