Film über Torwartlegende Bert Trautmann: Marcus H. Rosenmüller filmt in München
München - Das Manchester im Jahr 1948 liegt in der Holzstraße. Hier, im gentrifizierten Gärtnerplatzviertel, fand das Team von Regisseur Marcus H. Rosenmüller einen überraschend unmodernisierten Hinterhof.
Ideal, um ein Lebensmittelgeschäft aufzubauen, in dem der deutsche Kriegsgefangene Bernhard "Bert" Trautmann einer jungen Frau begegnet, die sein Leben verändern wird. Denn wegen ihr wird Trautmann nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft nicht in seine Heimat Bremen zurückkehren, sondern auf der Insel bleiben und zum Startorhüter aufsteigen. Vom Feind zum Volksheld: ein XXL-Schicksal, wie geschaffen für die Kinoleinwand.
Trautmann ist definitiv der einzige Mensch, der mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnete wurde, in England Fußballer des Jahres wurde und von Queen Elizabeth mit dem Orden des Britischen Empires geehrt wurde, wie es in einer britischen TV-Dokumentation heißt.
Und dennoch ist seine Geschichte in Deutschand eher wenigen bekannt. "Ehrlich gesagt, wusste ich nichts über ihn, ehe ich das Drehbuch gelesen habe", sagt Schauspieler David Kross, der im Kinofilm die Hauptrolle spielt.
Auch Marcus H. Rosenmüller hatte noch nie etwas von Bert Trautmann gehört, als ihm sein Produzent Robert Marciniak beim Schnitt von "Perlmutterfarbe" von dessen Leben erzählte. Er war sofort angefixt. Das war im Jahr 2008, aber es dauerte dann doch eine ganze Weile, bis Marciniak ("Lieblingsfilm") gemeinsam mit Koproduzent Lars Wiebe (SquareOne) und einer britischen Produktionsfirma das Budget von elf Millionen Euro zusammenbekommen hatte.
Trautmann selbst überzeugten Rosenmüller und Marciniak bei einem Besuch in dessen Wahlheimat Valencia. Er gab sein Einverständnis zu dem Film, konnte aber das fertige Drehbuch nicht mehr lesen. Trautmann starb heute vor vier Jahren im Alter von 89 Jahren.
Mit Genickbruch weitergespielt
Der Film erzählt Trautmanns Geschichte von seiner Gefangennahme in der Normandie bis hin zu jenem Jahr, in dem Trautmann für die Fans von Manchester City unsterblich wurde: 1956 im englischen Cup-Finale zwischen Manchester City und Birmingham City brach sich Trautmann in der 75. Spielminute das Genick, spielte aber weiter – Auswechslungen gab es damals noch nicht – und hielt mit seinem Einsatz den Sieg fest. Erst drei Tage später erfuhr er nach dem Röntgen von seinem sagenhaften Glück.
Jedes dankende Schulterklopfen der Mitspieler hätte zur Lähmung oder zum Tod führen können. Trautmann wurde eingegipst von der Brust bis über den Kopf – und musste in dieser Regungslosigkeit fünf Monate verharren.
Komparse Wolfgang Weiß erinnert sich, wie er 1956 als 13-jähriger Bub einen seltsam eingegipsten Mann am Seestrand vom Erholungsheim in Wartaweil am Ammersee entdeckte. Er ließ sich dessen Geschichte erzählen und ein Autogramm geben. Nun beim Trautmann-Film dabei zu sein, ist für ihn eine runde Sache, auch wenn sich sein Einsatz im nachgebauten Grocery Store auf zwei Worte beschränkt: "Good Morning."
Karriereende mit 41
Trautmann kam nach dem Unfall schneller zurück, als es den Ärzten lieb war. Er spielte noch acht Jahre für Manchester City und beendete seine Karriere im Alter von 41 Jahren. Nach seinem Abschiedsspiel im heillos überfüllten Stadion rissen die Fans die Tore aus dem Rasen, da zwischen diesen Pfosten kein anderer mehr stehen sollte.
Die Fußballszenen, für die sich David Kross mit einem dreimonatigen Torwarttraining vorbereitete, werden in der Postproduktion des Films die meiste Zeit in Anspruch nehmen. Denn um sie herum müssen mit Computertechnik die alten und längst abgerissenen britischen Stadien "gebaut" werden.
Frühestens im Herbst 2018 rechnet Produzent Marciniak mit dem Kinostart, der Film aber hat während der langen Vorbereitungszeit an Aktualität gewonnen: "Wir zeigen einen Menschen, der seine innere und äußere Heimat verloren hat und dann wieder eine neue findet", sagt Rosenmüller.
"Meine Erziehung begann an dem Tag, als ich in britische Kriegsgefangenschaft geriet", hat Trautmann wiederholt erzählt und unterstrichen, mit welcher Fairness und Toleranz er als ehemaliger Fallschirmjäger und Kriegsfeind behandelt wurde.
Sepp Herberger wollte keinen "Legionär"
Ganz reibungslos verlief sein Aufstieg zum Volksheld allerdings nicht. Als ihn Manchester City 1949 verpflichtete, demonstrierten Tausende Menschen dagegen. Der Rabbiner von Manchester, Alexander Altmann, sorgte mit einem offenen Brief für einen Stimmungsumschwung: "Wenn dieser Fußballer ein anständiger Kerl ist, dann kann ich keinerlei Nachteil erkennen", schrieb er. "Jeder muss nach seinem persönlichen Wert beurteilt werden."
Bert Trautmann überzeugte schließlich die Menschen durch seine offene Art und seine moderne Interpretation der Torwartrolle. Nur der deutsche Nationaltrainer Sepp Herberger wollte keinen "Legionär" mit zur Weltmeisterschaft in die Schweiz nehmen. So wurde Toni Turek zum deutschen "Fußballgott" und Trautmann nur in England zur Legende.
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