Film-Kurs mit Drohne: "Der Marienplatz ist rote Zone"

Bei Rainer Schwarz und Hermann Nyweide kann man lernen, wie man mit Drohnen filmen kann. Den Kurs in Obersendling gibt es sonst nirgends in Deutschland.
Hüseyin Ince
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Hermann Nyweide (l.) und Sae-Chef Rainer Schwarz auf dem Dach des Sae-Instituts an der Zielstattstraße. Spontan fliegen darf die Kameradrohne hier aber nicht.
Hermann Nyweide (l.) und Sae-Chef Rainer Schwarz auf dem Dach des Sae-Instituts an der Zielstattstraße. Spontan fliegen darf die Kameradrohne hier aber nicht. © Daniel von Loeper

München - Seit Jahrzehnten bildet die "School of Audio Engineering" (Sae-Institut) Medienexperten aller Fächer aus. Am neuen Standort, der Zielstattstraße 30, kann man werden: Kameramann, 3D-Spezialist, Tontechniker, Spieleprogrammierer, Web-Entwickler, Filmproduzent, Musikmanager, Software-Ingenieur ... Ab April kommt eine neue Ausbildung dazu, zum Drohnenpilot für Film und Fotografie, eine Art Kameramann der Lüfte. Zunächst gibt es zehn Plätze. Der AZ erzählen Rainer Schwarz (47) und Hermann Nyweide (48), worum es geht.

AZ: Herr Nyweide, warum sollte ich mich als Medienschaffender zum Kameramann per Drohne ausbilden lassen?
HERMANN NYWEIDE: Keine Doku, kein Fernsehbeitrag, keine Serie und kein Spielfilm kommt heute noch ohne einen Drohnen-Shot aus, also ohne eine Aufnahme aus der Luft.

Macht man dabei auch eine Art Drohnenführerschein?
HN: Der ist Kursbestandteil.

Ausbildung zum Drohnen-Kameramann

Aber dann könnte ich ja einfach den Drohnenführerschein machen. Das reicht doch.
HN: Ja, der dauert nur wenige Tage. Aber um professionelle Aufnahmen aus der Luft zu erstellen, reicht das bei weitem nicht.

Wie lange dauert denn der Kurs zum Drohnen-Kameramann bei Ihnen?
HN: Zwei Monate.

Und kostet?
HN: 2.100 Euro.

Das hört sich relativ teuer an.
HN: 350 bis 450 Euro kosten allein die Drohnen-Führerscheine. Die sind inklusive.
RAINER SCHWARZ: Und alle bekommen bei uns die Drohne inklusive Kamera gestellt, während der Ausbildung.
HN: Es geht um viele Details. Der Drohnenflug für Fluggeräte ab 250 Gramm ist in Deutschland seit etwa zweieinhalb Jahren genauestens geregelt. Davor war El Dorado. Leichter als 250 Gramm gilt als Spielzeug, da sind die Regeln nicht so streng. So leichte Geräte können aber auch keine vernünftige Kamera transportieren oder besonders hoch fliegen. In unserem Kurs vergehen schon einige Tage für die Antworten auf Fragen wie: Wo und wie darf ich eine Drohne steigen lassen, wie nah darf ich heranfliegen, bei welchem Wetter sollte ich verzichten ...

Unser AZ-Fotograf Daniel von Loeper interessiert sich sehr für eine Drohne, sagt aber, er darf sie nicht einfach steigen lassen.
RS: Mit einer Genehmigung darf er. Spontan würde ich sagen, er ist der perfekte Kandidat für unseren Kurs ab April. Jeder, der mit Kameras unterwegs ist, findet Drohnenaufnahmen spannend.

Eine Genehmigung? Aber er muss sehr viel spontan fotografieren, tagesaktuell.
HN: Spontan? Das vergessen wir mal schön. Das ist nach EU-Recht eher schwierig. Wir hatten mal die Idee, unser neues Gebäude von dort drüben aus per Drohne zu filmen (zeigt aus dem Fenster). Da hab ich mich direkt schlaugemacht. Erst mal müssten wir den Besitzer des Grundstücks fragen, ob wir dürfen. Dann gibt es noch sogenannte Drone-Maps, mit farblich untermalten Zonen. In der grauen Zone darf man grundsätzlich. Dann müssten wir aber noch die behördliche Genehmigung holen, vom Münchner KVR, in dem Fall.

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Gibt es denn Ausnahmen für solche Luftaufnahmen per Drohne, ohne Genehmigung?
HN: Auf dem platten Land, an einer grünen Wiese zum Beispiel, immer vorausgesetzt, dass Sie einen Drohnen-Pilotschein haben. Da brauchen Sie keine Genehmigung. Dann wissen Sie auch ganz genau: Wann darf ich wo mit welchem Gerät wie hoch aufsteigen.

Klingt sehr müßig.
HN: Klar, es sind schon sehr viele Regeln. Und die sind alle relativ neu. Vor fünf oder sechs Jahren fing das alles an mit den Drohnen, die für recht günstiges Geld zu kaufen waren. Plötzlich hatte jeder eine. Die Regeln sind schon sinnvoll. Sie wollen ja auch nicht, dass jemand so ein Ding vor Ihr Fenster fliegt und mal kurz Aufnahmen von Ihrem Schlafzimmer macht.

Stimmt natürlich. Wie genau sind die Regeln auf dem Land?
HN: Auf dem platten Land - grüne Zone nennt sich das - dürfen Sie fast alles. Da ist es so: Sie dürfen das Fluggerät grundsätzlich 120 Meter steigen lassen. Zu anderen Personen muss die Drohne aber einen Abstand von fünf Metern halten.

Und wenn ich jetzt am Marienplatz eine Drohne fliegen will?
RS: Da brauchen Sie die Genehmigung vom Luftfahrtbundesamt. Rote Zone nennt sich das. Das braucht Minimum zwei Wochen.

Gibt es Wetterlagen, bei denen ich nicht fliegen sollte?
HN: Bei Regen. Sonst gibt es einen Kurzschluss und dann war's das.

"Höher als 120 Meter? Da müsste man den Luftraum sperren"

Bis zu 120 Meter darf man das Gerät also steigen lassen. Was ist, wenn ich höher fliegen will?
HN: Dann müsste dort der Luftraum gesperrt werden.

Sie scherzen.
HN: Nein.

Was passiert denn, wenn meine Spielzeug-Drohne mehr als 250 Gramm wiegt und ich sie trotzdem fliegen lasse?
HN: Dann sind Sie Ihren Drohnen-Pilotschein los. Alle Geräte ab 250 Gramm haben eine Plakette, sind registriert beim Luftfahrtbundesamt, inklusive Versicherung, die Geräte sind so zum Eigentümer rückverfolgbar. Es gibt Anwälte, die daraus ein Geschäftsmodell gemacht haben.

Inwiefern?
RS: Die durchforsten Youtube nach ungenehmigten Luftaufnahmen per Drohne. Und irgendwann kommt die Rechnung, also die Strafzahlung.
HN: Habe gehört, dass es bis zu 400 Euro Strafe nach sich ziehen kann. Aber lassen Sie uns doch auf die filmischen Aspekte kommen.

Gerne!
HN: Unsere Ausbildung zum Drohnenpiloten ist zu zwei Dritteln Praxis. Wir gehen mit den Teilnehmern aufs Feld und üben fliegen, die gefragtesten Kameraeinstellungen.

Wie hat man denn früher Aufnahmen aus der Luft gemacht?
RS: Bei niedriger Höhe, mit Kränen. Bei großen Höhen musste immer ein Hubschrauber angemietet werden. Ich glaube eine Hubschrauberstunde kostet etwa 1.000 Euro.
HN: Und die Aufnahmen sind bei Weitem nicht so gut wie mit einer Drohne.

Warum?
HN: Der Ausgleichsmechanismus bei modernen Drohnenkameras, das Gimbal, funktioniert extrem gut. Da haben Sie keine Wackler drin. Ein Hubschrauber rattert, vibriert. Für Kameramänner sind die Aufnahmen abenteuerlich. Die hängen teilweise halb aus dem Helikopter.

"Bis zu 50.000 Euro können teure Drohnen kosten"

Ist Drohnen-Kameramann ein ganz neues Berufsfeld?
HN: Ich denke schon, es entsteht gerade. Oft brauchen Sie auch zwei Personen für ein Gerät. Mit der Drohne der Marke DJI Modell Inspire zum Beispiel, brauchen Sie einen Piloten und einen Kameramann. Beide stehen nebeneinander und haben je eine Fernbedienung in der Hand. Das muss man schon gut können.

Was muss man unbedingt können, um eine Drohne mit Kamera zu fliegen?
RS: Ganz klar, eine ruhige Hand ist das Allerwichtigste. Sie dürfen einfach nicht an diesen Hebeln der Fernbedienung wild herumreißen.

Kameradrohne DJI Phantom 4. Ein ganzer Film lässt sich damit drehen.
Kameradrohne DJI Phantom 4. Ein ganzer Film lässt sich damit drehen. © Daniel von Loeper

Kann man theoretisch auch einen ganzen Film mit einer Drohnenkamera drehen?
HN: Das wird schon gemacht.
RS: Ich finde, es ist mittlerweile eine wunderbare Spezialanwendung. Mit einer Drohne kann man all die Aufnahmen machen, für die man früher einen Kran, Schienen und drei Personen gebraucht hat.

Gibt es weitere Anwendungsmöglichkeiten für Luftaufnahmen per Drohne?
RS: Aber klar, sehr viele. Agrarwirtschaft beim Düngen, Feuerwehr bei der Suche nach Brandursachen, Polizei bei der Personensuche, Tierbeobachtung ...
HN: ... 3D-Scans aus der Luft bei Häusern.

Wie viel kosten die teuersten Drohnen?
RS: Bis zu 50.000 Euro. Das ist absolutes Hightech.

Ist da die professionelle Kamera schon dabei?
HN: Nein. Da können Sie noch ein paar Tausend Euro dazupacken. Je nach Bedarf.

Woraus besteht so eine Drohne eigentlich? Was ist da alles drin und dran?
HN: Das ist ein Quadrocopter von DJI, Phantom 4. Vier Propeller also. Ein elektronisches Gyroskop, das immer das Gleichgewicht hält, in der waagrechten Position also. Dann ist da noch ein Kompass. Denn die Fernbedienungen haben einen Home Button. Wenn Sie die Drohne aus dem Blick verlieren sollten, drücken Sie auf der Fernbedienung den Home-Knopf und die Drohne landet selbstständig wieder dort, wo sie gestartet ist. Ach ja. Die Batterien sind natürlich wichtig.

Lithium-Ionen vermute ich.
HN: Nein Lithium-Polymer. Lipos. Die speichern etwas mehr Energie und können ordentlich Strom an die Propeller schicken.

Wie wird der Kurs ab April ablaufen, ganz grob?
RS: Wir fangen mit der theoretischen Einführung an, da erzähle ich all diese formalen Details. Ein bis zwei Stunden. Dann gehen wir schon raus aufs Feld. Der dritte Schritt ist, sich beim Luftfahrtbundesamt anzumelden, um den Drohnenführerschein zu machen.
HN: Nach vier Wochen müsste der Führerscheinteil vorbei sein. Zwischendurch schicken wir alle an den Drohnen-Simulator. Danach heißt es üben, üben, üben. Da darf jeder sein eigenes Lerntempo haben. Zum Abschluss machen alle einen eigenen Film.

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