Fernbus: Reisen bis der Arzt kommt
MÜNCHEN Die erste Fahrt endet mit dem Notarzt. Kurz vor Augsburg werden die Bauchkrämpfe einer jungen Mitfahrerin akut – die Fahrt mit dem Fernbus stoppt abrupt. Verständnis haben freilich alle Passagiere auf der Fahrt von Stuttgart nach München. Zumal die Reise wenig später weitergeht – und am Ende trotz des Zwischenfalls nicht einmal drei Stunden dauert.
Für schlappe 5 Euro hat die AZ im Vorfeld ein Ticket gebucht, konnte den Sitzplatz selbst wählen und wird in Stuttgart-Obertürkheim pünktlich abgeholt. Platz für Gepäck ist genug, die Toilette im Bus funktioniert, der angekündigte Stromanschluss ist vorhanden. Bloß vom versprochenen WLAN fehlt jede Spur – auf allen Plätzen.
Sitznachbar Moritz Fleischer nimmt’s mit Humor: „Da gibt’s wohl noch Startschwierigkeiten. Bei meiner Fahrt von München nach Stuttgart hat das Netz noch reibungslos funktioniert.”
Fernbusse sind der neue Reise-Trend. Bei der Ankunft am Zentralen Omnibus-Bahnhof (ZOB) in München wird das erst so richtig deutlich. Auch abends gegen 21 Uhr herrscht reger Betrieb. Das war nicht immer so.
Dabei wirken die Busfahrer vom Anbieter „meinfernbus.de” wie Leuchttürme für gestrandete Reisende. Sie kann keiner verfehlen. Mit ihren knallgrünen Westen und ebenso grellen Mützen sind die Chauffeure für eine neue Zielgruppe ein Farbtupfer im tristen Grau des ZOB. Immer mehr Menschen steigen in Fernbusse, um günstig von A nach Z zu kommen. Fahrgäste sind zumeist Schüler, Studenten und Rentner.
Klar ist: Es herrscht Goldgräberstimmung. Selbst Aldi wittert gute Geschäfte und schickt jetzt seine Busse auf die Straße. Kein Zweifel: Die Fernbusbranche boomt.
Vorteile gibt es viele. Nachteile auch. Im Bus reist man wesentlich günstiger, hat seinen Sitzplatz sicher und kann bei vielen Unternehmen auf einen kostenlosen Internetzugang zurückgreifen. Andererseits: Zugverbindungen sind schneller. Wer ein Ticket bucht, kann zudem sicher sein, dass er an das gewünschte Ziel kommt. Das ist nicht bei allen Busanbietern der Fall. Bei „Deinbus.de” muss beispielsweise eine Mindestanzahl an Mitfahrern gegeben sein, damit die Reise überhaupt stattfindet.
Trotzdem: Für fünf Euro von München nach Stuttgart – unschlagbar. In drei Stunden – wenn’s der Verkehr erlaubt. Weil’s auf der Strecke nach Stuttgart öfters stockt, bleibt ein gewisses Risiko.
Der Preis von fünf Euro ist fix. Zumindest im April, zumindest beim Anbieter „city2city” (gehört zum britischen Konzern National Express). Dass die Reise stattfindet, steht außer Frage. „Auch wenn nur eine Person mitfährt. Wir sehen unsere Angebote als ganz normalen Linienbusverkehr”, sagt Mario Kunica vom Stadtbüro der Touring, die auch die Tickets für „city2city” vertreibt.
Zwischenfälle, das hat unser Test gezeigt, sind aber nie ganz auszuschließen.
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