Falsche Gesundheitszeugnisse von Dr. Verantwortungslos
München - Dass man bei Dr. Hans G. (69, Name geändert) besonders leicht und besonders preiswert an ein positives Fahreignungsgutachten kam, hatte sich in der Taxlerbranche rumgesprochen. Von Landsberg am Lech bis Bad Tölz reisten Taxler, aber auch Busfahrer und Lkw-Fahrer, die auf einen solchen Gesundheitstest angewiesen waren, in die Münchner Praxis.
Für nur 40 Euro – beim Tüv kostet das medizinische Gutachten 89 Euro, eine Gebührenordnung gibt es nicht – bekamen die Taxler dort ihre Bescheinigung, dass sie gesundheitlich in der Lage sind, Personen zu befördern.
Individuelle Werte braucht's nicht
Individuelle Werte erheben? Braucht’s nicht, meint Hans G. im Prozess am Amtsgericht. Er habe die Leute auf seine Weise untersucht. Er habe schließlich 40 Jahre Erfahrung als Arbeitsmediziner und noch nie habe es Regressforderungen gegen ihn gegeben. Also kopierte er einfach die Testergebnisse und bescheinigte den Antragstellern nach eigenem Gutdünken die gesundheitliche Eignung.
Dass so viele Taxler mit identischen Werten, ausgestellt von immer demselben Arzt bei der Behörde vorstellig wurden, fiel irgendwann einem Mitarbeiter des Landratsamtes des Landkreises München auf. Die Ermittlungen kamen ins Rollen. Im Oktober 2015 flatterte dem Arzt schließlich ein Strafbefehl wegen des Ausstellens unrichtiger gesundheitszeugnisse in 101 Fällen ins Haus. Doch Hans G. blieb uneinsichtig, legte Einspruch ein.
Der Hintergrund: Per Gesetz müssen Kraftfahrer, die Personen befördern ihre Fahrtauglichkeit in einem standardisierten Verfahren unter Beweis stellen (siehe Kasten). Doch das „Wiener Testverfahren“ kostet 20 Euro pro Proband. Geld, das sich Hans G. sparen wollte. Statt also die Probanden vor einen Computer mit den Wiener Testaufgaben zu setzen, druckte er sich die Testbilder aus dem Programm einfach aus und hielt sie seinen Testpersonen vor. Die mussten dann auf eine Klingel treten, um ihre Reaktionsfähigkeit zu beweisen. Eine eher ungenaue Methode.
Gefärhlich und verantwortungslos
Am Rande des Verfahrens kündigte ein Behördenvertreter an, dass die betroffenen 101 Taxler und Busfahrer wohl gebeten werden, ein neues Fahreignungsgutachten vorzulegen. Die Gefahr, dass da draußen gesundheitlich ungeeignete Menschen Fahrgäste befördern, sei zu groß.
Diese Gefahr sieht auch Richter Andreas Schätzl. Er erklärte Hans G., warum er ihn zu acht Monaten Haft, die auf Bewährung ausgesetzt werden, verurteilt hat: „Sie haben nicht nur kriminell, sondern auch verantwortungslos gehandelt.“ Er verhängte ein partielles Berufsverbot. Hans G. darf drei Jahre keine Fahreignungsgutachten ausstellen.
Dann sollte sich die Sache erledigt haben. Denn der Verurteilte hat in der Verhandlung angekündigt, bald in Rente zu gehen.
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